„Aus Katzensicht ergeben viele Dinge überhaupt keinen Sinn und es ist schön, zu merken, wie viel Unsinn im Alltag ist.“ – ein Interview mit Fabian Navarro

Mit Fabian Navarro bereichert ein neuer Krimiautor unseren Verlag. Und der hat es in sich! Denn Fabian Navarro lässt uns die Welt direkt aus aus einer bisher unbekannten Perspektive betrachten – aus Katzensicht. 

Miez Marple heißt die tierische Ermittlerin, die die Ära eines neuen Genres einläutet. Neben Cosy ist Crime jetzt nämlich auch Cuddly. Aber die flauschigen Umstände sollen nicht von den Tatsachen ablenken: Natürlich wird auch gemordet. Im Tierhotel Bellagio, in dem Miez Marple (unfreiwillig) zum Urlaub machen untergebracht wird, kommt eine Showkatze der Schnurrhaar-Diva Meredith ums Leben. Und der Mörder oder die Mörderin scheint direkt aus der bunt zusammengewürfelten Gemeinschaft verwöhnter Haustiere im Luxushotel zu sein! Oder kommt das Böse doch aus dem tiefen, dunklen Wald nebenan?

In diesem Magazinbeitrag kannst du alles über Miez Marple und Fabian Navarro erfahren. Wir sprechen mit dem Autor über seinen neuen Krimi und die Inspiration für Miez Marple, erfahren, was Poetry Slam mit dem Schreibprozess zu tun hatte und finden heraus, ob der Autor nun lieber Musik von Florian Silberschweif oder von Merediths Menschenfrau hört.

 

Lieber Fabian, du bist neu bei Haymon Krimi. Wer bist du und was machst du? Bitte stell dich einmal vor.

Mein Name ist Fabian Navarro, ich bin Autor, Slam Poet und Moderator und ich habe zwei Katzenkrimis und jetzt einen weiteren geschrieben. Der dritte Teil meiner Buchreihe Miez Marple erscheint jetzt im Haymon Verlag und ich freue mich schon. Es ist tatsächlich ein Krimi, in dem eine Katze Fälle löst.

 

Du bist, wie du selbst sagst, auch Poetry Slammer. Beeinflusst das dein Schreiben?

Ja, das Auftreten hat auf jeden Fall ganz viel von dem geprägt, wie ich schreibe. Ich muss schon beim Schreiben den Text eigentlich immer laut lesen, damit er für mich überhaupt funktioniert. Das schönste Feedback, was ich dazu bekommen habe, war mal auf einer Buchmesse, auf der Buch Wien. Da kam ein Mann zu mir und meinte, dass meine Bücher sehr gut zum Vorlesen geeignet sind, und das war ein schönes Kompliment. Ich finde das übrigens auch.

Auf deinem Instagram lesen wir: „I put the miau in Krimiautor“ – woher kam die Idee, Katzenkrimis zu schreiben?

Die Idee zu Miez Marple hat eine relativ lange Vorgeschichte. Ich hatte lange Zeit eine Lesebühne, offiziell existiert sie sogar immer noch. Diese Lesebühne fand monatlich in Hamburg statt. Ich war aber schon in Wien, wo ich seit 2016 wohne, und bin dann monatlich dort hingefahren und wir haben unsere Texte präsentiert. Anders als beim Slam gibt es dort keinen Wettbewerb, aber es gibt ein Spiel mit dem Publikum, bei dem das Publikum Wörter geben darf.

Der erste Teil der Katzenkrimireihe war nicht mal als Buch angelegt, sondern als wirklich kurzer Lesebühnentext. Ich habe Wörter bekommen, nämlich Inhalator, Knabenkörper, Duschvorhang und ein Viertes, das mir nicht einfällt. Mit diesen vier Wörtern sollte ich einen Text schreiben und mein lieber, werter, geschätzter Herr Hinnerk Köhn hat dann gesagt, dass es doch super wäre, wenn ich dazu einen Katzenkrimi schreiben würde.

Er hat gedacht, er würgt mir damit ein Genre rein, das mir überhaupt nicht liegt oder das sehr schwierig ist. Aber dann habe ich mich da reingefuchst und habe so viel geschrieben, dass ich bis zum nächsten Mal extrem viel Text hatte. Und dann hatte ich irgendwann so viel Material dafür, weil ich in dieser Idee sehr aufgegangen bin, dass fast ein Buch da war.

Es war 2020, als ich das erste Mal daraus lesen wollte. Das war ein schlechter Zeitpunkt, um Lesungen zu machen. Darüber hat mich dann aber die Agentin einer Agentur entdeckt und gefragt, ob ich nicht das Buch realisieren will. Ich habe zugesagt, schließlich waren mir gerade 120 Auftritte ausgefallen und ich hatte Zeit.

So ist der erste Teil entstanden und seither läuft diese Serie.

 

Wie ist es für dich, die Perspektive einer Katze einzunehmen und in ihre Gedankenwelt einzutauchen?

Es macht wahnsinnig viel Spaß. Wenn man Tierperspektiven einnimmt, ist es einfach ein Außenblick auf das Menschsein und das mag ich total gerne, weil ich Eigenheiten von mir und von Mitmenschen aus einem anderen Blickwinkel entdecke. Aus Katzensicht ergeben dann viele Dinge überhaupt keinen Sinn und es ist schön, zu merken, wie viel Unsinn im Alltag ist.

Auch, wenn der Katzenkrimi auf den ersten Blick vielleicht ein unsinniges und sogar unseriöses Genre ist, gebe ich ihm sehr viel Liebe. Und ich glaube, das Genre versucht, sich innerhalb seines Formats auch selbst ernst zu nehmen.

Gerade deswegen macht es auch einfach sehr viel Spaß, das Tier selbst ernst zu nehmen. Man kommt nicht drumherum, das auf eine gewisse Art und Weise zu vermenschlichen, weil ich nicht aus meinem Menschenkopf raus kann. Aber der Versuch macht unheimlich viel Spaß, weil es ganz viele neue Gedanken öffnet.

 

In Miez Marple lesen wir unter anderem von Stockenten, die sich an der Börse mit einem fallenden Dachs herumschlagen müssen, von Florian Silberschweif und Meredith, deren Menschenfrau eine amerikanische Sängerin auf Stadiontour ist. Woher nimmst du deine popkulturelle Inspiration, gehst du mit tierischen Augen durch den Alltag?

Ich würde nicht sagen, dass ich mit tierischen Augen durch den Alltag gehe, aber ich kann eben nur das beschreiben, was ich kenne. Mein Kopf ist voll mit Popkultur und mit Literatur und mit allen Sachen, die mich begeistern. Dann passiert es einfach, dass meine Figuren ganz zufällig auch von solchen Sachen begeistert sind und dass diese in der einen oder anderen Form dann auch wieder auftauchen.

Ich finde es eigentlich immer schön, bei anderen Autor*innen auch zu entdecken, wohin deren Fühler ausgestreckt sind, was sie sehen und was sie konsumieren. Wenn ich dann irgendwo Anspielungen auf etwas sehe, habe ich manchmal auch direkt eine Verbindung mit anderen Autor*innen, weil ich dann zum Beispiel sehe, dass da ein Zitat von Taylor Swift ist, das ich kenne. Und dann freue ich mich.

 

Apropos – was hörst du lieber, die Musik von Florian Silberschweif oder die von Merediths Menschenfrau?

Also ich würde schon auf jeden Fall die von Merediths Menschenfrau hören.

 

Kommen wir nun zu deinem neuen Buch. Bitte beschreibe uns dein Buch kurz und knackig in deinen eigenen Worten. Um was geht’s, was passiert (ohne Spoiler!)?

Miez Marple macht Urlaub beziehungsweise wird zum Urlaub machen gezwungen in einem Tierhotel. Und in diesem Tierhotel gibt es ganz viele verschiedene, versnobbte Tiere. Miez Marple will eigentlich nach einer kurzen Zeit dann wirklich Urlaub machen. Aber dann passiert natürlich ein Verbrechen.

In der Miez Marple Serie versuche ich, alle Krimi-Subgenres durchzugehen. Im ersten war es eher ein Thriller, der zweite arbeitet teilweise mit Horrorelementen. Diese Serie wird oft als Cozy Crime vermarktet. Aber ich glaube, dieser Teil ist der erste wirkliche Cozy Crime, oder zumindest der erste Krimi in einem Cozy Setting. Die Krimis sind überraschenderweise häufig dann doch eher für Erwachsene, als man es vielleicht im ersten Moment denkt. In diesem Buch gibt es eine Reihe von Verdächtigen in einem Closed-Circle-Mystery und man muss herausfinden, wer von den ganzen Tieren es getan haben könnte.

 

Du hast auch selber Katzen. Steckt etwas von ihnen in Miez Marple oder umgekehrt? Und: Wer ist überhaupt Miez Marple und was macht sie aus?

Miez Marple ist eine Katze, die ein bisschen auf der ersten Katze basiert, die ich hatte. Ich wollte als Kind immer Haustiere, aber zu Hause durften wir keine Haustiere haben. Dann war ich erwachsen und hatte Erwachsenengeld und dann habe ich ein Haustier geholt. Mit dieser Katze habe ich dann relativ viel erlebt. Sie war auch ein bisschen die Inspiration für die Kurzgeschichten, die ich am Anfang geschrieben habe, aus denen dann der Roman entstanden ist. Deswegen wird Miez Marple für mich immer ein Teil von dieser einen Katze sein.

Miez Marple hat auch sehr viel Anleihen von verschiedenen Personen. Einige sogar von mir, ich habe mich stellenweise selbst reingeschrieben, aber auch von anderen Menschen. Da vermischt sich ganz viel in Miez Marple. Und sie hat ein Eigenleben. Sie ist sehr eigensinnig, wie Katzen halt so sind.

 

Wie bist du auf das Setting in einem Tierhotel gekommen? Warst du mit deinen Katzen selbst schon in so einem Hotel?

Ich war noch nie in einem Tierhotel. Aber ich habe mir das ungefähr so vorgestellt. Mittlerweile weigere ich mich auch, anzunehmen, dass es anders läuft als in dem Buch, das ich geschrieben habe.

Ich kenne Bekannte, die ihre Tiere in Tierhotels unterbringen. Ich weiß von einer Person, die ihre Schildkröte regelmäßig zum Einfrieren in so ein Tierhotel gebracht hat, was ich extrem witzig finde. Ich war also selbst noch nie da, aber ich würde mir das gerne mal anschauen.

Falls die Tierhotels hier draußen mitlesen, ich mache auch Lesungen! (Anm. der Red.: Anfragen gerne an [email protected])

 

Miez Marple hat jetzt in der Stadt und auf dem Land ermittelt. Wohin geht es als nächstes?

Da ich in Miez Marple jetzt mehrere Krimi-Genres verarbeitet habe, nämlich Thriller, Horror und ein bisschen Cozy Crime, soll der nächste Teil dann ein Heist sein. Miez Marple wird gezwungen sein, irgendwo einzubrechen. Sie muss ein Team zusammenstellen aus Figuren, die in den früheren Büchern vorkamen und aus anderen Figuren, um entweder irgendwo reinzukommen oder etwas zu stehlen. Das stelle ich mir als nächstes auf jeden Fall vor.

Wir haben schon relativ viel überlegt, wo es noch hingehen könnte. Vielleicht soll es irgendwann ins Weltall gehen oder auf ein Schiff oder in den Zoo. Es gibt noch sehr viele Möglichkeiten. Ich habe drei, vier verschiedene Ideen für weitere Fälle. Die Buchreihe kann auf jeden Fall meiner Meinung nach noch weitergehen.

 


Lust auf Cuddly Crime?

In ihrem fellsträubenden dritten Fall braucht die flauschige Ermittlerin Miez Marple all ihren Verstand, der noch um einiges schärfer ist als ihre Krallen. Denn in „Die Tatze der Verdammnis“ trifft eine große Portion Sprachwitz auf modern interpretierten Detektivroman und knifflige Rätsel: Krimi-Vergnügen mit Flausch, Fauchen und Federball! Für dieses Leseabenteuer packen wir zudem Pfeife und Trenchcoat ein, denn zwischen Katzenbesitzerin Agathe Christiansen und Schlagerkater Florian Silberschweif erwarten uns schillernde Referenzen aus Kriminalliteratur und Popkultur. Fabian Navarro nimmt uns nicht nur mit ins außergewöhnliche Hotel Bellagio, sondern in eine Gesellschaft, in der Tiere im Zentrum stehen und Menschen als Dosenöffner*innen und Streichel-Expert*innen fungieren.

Erhältlich online und überall, wo es Bücher gibt.