Spannend wie ein Krimi – Edith Kneifl über ihren literarischen Werdegang

Unsere Autorin Edith Kneifl wird dieses Jahr mit dem Ehrenglauser ausgezeichnet, in Würdigung ihres literarischen Schaffens im Bereich Kriminalliteratur sowie ihres Engagements für die deutschsprachige Kriminalliteratur. Anlässlich der verdienten Ehrung begeben wir uns in diesem Magazinbeitrag gemeinsam mit ihr auf eine Reise zurück zu den prägendsten Passagen ihres literarischen Schaffens. Eines kann an dieser Stelle gesagt werden – Erzählstoff gibt es mehr als genug! Edith Kneifls Werdegang steht ihren Kriminalromanen in Punkto Spannung um nichts nach. Eine Frau, wie gemacht für das Krimigenre!

Hier erzählt sie uns von ihren beruflichen Ambitionen, von Filmangeboten aus Übersee und warum eine nette Nachricht von Jack Unterweger bei ihr eintrudelte.

Aller Anfang ist … reich an Umwegen

Edith Kneifl bei der Criminale 1989 in Berlin. Foto: Privat

Mit 18 wollte ich Sportjournalistin werden und inskribierte mich deshalb nach der Matura für Publizistik und Kunstgeschichte (sehr passend zu Sport?) an der Salzburger Uni. Mein Interesse für Publizistik währte nur ein Semester lang. Während meines Psychologie- und Ethnologie-Studiums in Wien schrieb ich dann tatsächlich kurze Sportberichte für diverse Zeitungen, unter anderem für den Vöcklabrucker Wochenspiegel (heute „Rundschau“), für das Oberösterreichische Tagblatt, das Oberösterreichische Volksblatt, etc… Da ich mit diesen „großartigen“ Berichten nicht einmal das Geld für meinen Zigarettenkonsum verdiente, beschloss ich, doch lieber Psychologin zu werden. Aber es kam alles anders.

Meine erste Kurzgeschichte verfasste ich im Jahre 1980, glaube ich. Damals war ich wild campierend mit einem Freund auf Sardinien und Korsika unterwegs. Während er den ganzen Tag lang surfte und fischte, schrieb ich eine kleine Mordgeschichte. Das Opfer war natürlich ein Fischer und Surfer.
Drei Jahre später machte ich ernst mit dem Schreiben. Ich verbrachte mit meinem späteren Mann einige Zeit in San Francisco und las alle Romane von Dashiell Hammett und Raymond Chandler auf Englisch. Ich bildete mir ein, dass mein Englisch gerade mal für Krimis ausreichen würde. Anscheinend hatte ich damals die üblichen Vorurteile, was die literarische Qualität von Krimis betrifft. Die großartigen Klassiker unseres Genres überzeugten mich so sehr, dass ich, völlig naiv und vermessen, feministische Parodien auf ihre Romane zu schreiben begann. Diese drei Romane habe ich keinem Verlag angeboten, sie liegen bis heute in meiner Schreibtischschublade. Vielleicht wird sie ja der Haymon Verlag mal posthum veröffentlichen? Sie sind eine Riesenhetz.

Jack Unterweger hier, ich bin an Ihrer Kurzgeschichte interessiert!

In den folgenden Jahren schrieb ich jede Menge Kurzgeschichten. Einige dieser Kurzkrimis bot ich diversen Literaturzeitschriften an, und sie erregten zu meiner großen Freude auch Interesse. Ich schickte z.B. eine kleine Mordgeschichte an den Herausgeber einer Literaturzeitung in Stein an der Donau. Ich bekam eine sehr nette Antwort von einem Herrn Jack Unterweger. Er wollte die mörderische Geschichte auch tatsächlich veröffentlichen. Als ich dies voller Freude meinem Mann erzählte, war er, der nicht so leicht zu schockieren ist, doch ziemlich entsetzt. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass Jack Unterweger ein Serienmörder war, der wegen grausamer Frauenmorde in Stein im Gefängnis saß. Ab diesem Zeitpunkt bot ich meine Kurzkrimis nur noch dem Wiener Frauenverlag (heute Milena Verlag) oder deutschen Verlagen an.
Wenn ich mich richtig erinnere, war die erste Kurzgeschichte, die ich 1987 in einer Anthologie des Frauenverlages veröffentlichte, „Tschick“, eine Parodie auf den zwangsneurotischen Sherlock Holmes.

Von Stasi-Interviews und Lesungen nach durchgefeierten Nächten

Bei dem deutschen Graf von Westarp Verlag erschien 1988 „Das Haus am Fluß“. Mein damaliger Lektor ist heute selbst ein großartiger deutscher Kriminalschriftsteller: H. P. Karr. Diese Veröffentlichung in einer Anthologie mit vielen bekannten deutschen Krimiautoren gab mir genügend Selbstvertrauen, um endlich richtig loszulegen.

Edith Kneifl bei der Buchpräsentation von „Ende der Vorstellung“. Foto: Privat

Ich schrieb „Zwischen zwei Nächten“ auf meiner geliebten elektrischen Schreibmaschine „Erika“, einem sozialistischen Qualitätsprodukt aus der damals noch existierenden DDR. Jeder Tippfehler wurde mit Tipp-Ex gelöscht, viele Absätze mit Schere ausgeschnitten und mit UHU woanders drübergeklebt. Ich brauchte vor allem aus technischen Gründen ewig lange für diesen Roman. 1991 erschien er im Wiener Frauenverlag. Ein Jahr später wurde ich für diesen Großstadtkrimi, Wien- und Frauenroman (stand in den Kritiken) mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet. Dieser Preis wird jährlich vom Syndikat, der Vereinigung deutschsprachiger Kriminalschriftsteller, für den besten Kriminalroman vergeben. Ich war die erste ÖsterreicherIn, die diesen Preis verliehen bekam. Vor mir hatten ihn nur männliche deutsche und Schweizer Kollegen bekommen.

Danach konnte ich mir quasi die Verlage aussuchen. Die Wahl fiel auf den deutschen Heyne Verlag. Wir Heyne-Krimiautoren waren eine verrückte Bande, machten die Nächte durch und erschienen morgens bei den Lesungen prinzipiell mit Sonnenbrillen (die Damen) und Hut (die Herren). Aber das ist eine andere Geschichte.

Auch nicht schlecht: In Mexico-City wurde ich 1989, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer, von Stasi-Agenten aus der DDR interviewt – was ich natürlich nicht begriffen habe. Und in Acapulco begleiteten mich im selben Jahr zwei KGB-Agenten beim Schwimmen im Pazifischen Ozean – ich war mit berühmten sowjetischen Autoren unterwegs und sie hatten Angst um mich wegen der gefährlichen Brandung. Und das sind nur die harmlosen Geschichten … Alles andere ist nicht für eine Veröffentlichung geeignet.

Angebote aus Übersee und der EHRENGLAUSER 2018

Dreh- und Angelpunkt von Edith Kneifels Krimireihe: Ihr Lebensmittelpunkt Wien.

Mein Roman „Ende der Vorstellung“ erschien anschließend und wurde unter dem Titel „Taxi für eine Leiche“ von Wolfgang Murnberger verfilmt und 2002 mit der Romy als bester Fernsehfilm des Jahres ausgezeichnet. Ich wurde vom österreichischen Produzenten des Films auf ein sehr renommiertes Drehbuchseminar in Sitges (bei Barcelona) eingeladen. Mein britischer Tutor dort war ein ehemaliger Drehbuchschreiber von Luchino Visconti. Er wollte mir, hinter dem Rücken meines Produzenten, mein Buch abkaufen, um es in Hollywood anzubieten, da es in meinem Roman viele Rollen für ältere Schauspielerinnen gab. Ich war wieder mal treu-doof und habe diese Chance nicht wahrgenommen.

Es folgte mein nächster Krimi, den ich für einen meiner stärksten Thriller halte, „Allein in der Nacht“. Er war auf der Liste der besten 500 deutschsprachigen Romane (nicht nur Krimis), und amerikanische Agenten und Verlage waren interessiert.
Dann schneite ein Angebot vom österreichischen Haymon Verlag herein. Ich war froh, als mein Kollege Alfred Komarek mir empfahl, es anzunehmen.
Bei Haymon konnte ich, dank meines neuen Lektors und Programmchefs Georg Hasibeder, endlich meine eigenen Pläne realisieren, die historische Krimireihe mit meinem Traummann Gustav von Karoly als Ermittler, und auch meine frauenfreundlichen Kriminalromane, die nicht nur in Wien, sondern auch in Italien, USA und in den Donauländern spielen. Ich habe als Schriftstellerin viel Glück gehabt und freue mich jetzt besonders über den Ehrenglauser 2018, die wahrscheinlich höchste Auszeichnung, die man als deutschsprachige KriminalschriftstellerIn bekommen kann.

Bitte keine Schubladen!

Ich mag übrigens nicht schubladisiert werden. Ich schreibe weder nur Frauenkrimis oder nur Wienkrimis oder nur Thriller, und ich mag auch keine endlosen Serienfiguren (kleine Ausnahme ist mein Gustav von Karoly, den ich erst verheiraten muss, bevor ich ihn aufgebe). Nach 3-5 Romanen wird mir meistens ein bisschen langweilig mit den Leuten. Deshalb habe ich für die Zukunft auch schon wieder neue Pläne. Ich kann es einfach nicht lassen, werde weiter wild drauflos „morden“. Die von mir verehrte Schriftstellerin Patricia Highsmith gestand einst, dass wahrscheinlich ein streng unterdrückter verbrecherischer Trieb in ihr schlummern würde. Tja, vielleicht trifft das auch auf mich zu?

Edith Kneifl: Der Tod ist ein Wiener.

 

 

 

Anfang März erscheint bei HaymonTB Der Tod ist ein Wiener” von Edith Kneifl. Toughe Ladies mit Wiener Schmäh und Pfeffer ermitteln! Also nichts wie ran an das Lesematerial: Es lohnt sich!