Schlagwort: Krimi

Der Raab, der Metzger und ein Roman, der uns in einen skurrilen Mikrokosmos entführt – ein Interview mit Thomas Raab.

Nachdem des Metzgers Existenz in „Die Djurkovic und ihr Metzger“ (HAYMONtb 2023) in Schutt und Asche gelegt wurde, war es für ihn und die frisch angetraute Danjela Djurkovic an der Zeit, neu aufzublühen. Und wo könnte man den zweiten Frühling besser erleben als in einer Kleingartensiedlung? In etwa diese Gedanken muss Thomas Raab wohl gehabt haben, als er beschloss, seinen gleichermaßen schrulligen wie liebenswerten Willibald Adrian Metzger in „Der Metzger gräbt um“ (Haymon 2024) in ein Biotop voller Gartenzwerge, kleinlicher Gesetze und neugieriger Nachbarn zu verpflanzen. Im Gespräch erzählt uns Thomas Raab von seinen eigenen Erfahrungen im Schrebergarten, was all die ereignisreichen Jahre mit dem Metzger (und dem Raab) gemacht haben und mit wem sich der Metzger wohl ausgezeichnet verstehen würde.

Lieber Thomas, dieses Mal findet sich der Metzger unerwartet im Mikrokosmos Kleingarten wieder. Dass Ordnungsliebe und Vereinsmeierei hier mitunter eigenartige Blüten treiben, wissen wir seit Elisabeth T. Spiras Alltagsgschichte (Das kleine Glück im Schrebergarten, 1992). Du bist ja selbst kleingartenerprobt. Wie kann man sich den Alltag dort vorstellen? Was ist das Schrulligste, das dir zwischen Gartenzwergen und Hochbeeten untergekommen ist?

Thomas Raab: Das Leben im Kleingarten ist ein wenig so wie in einem kleinen Bergdorf. Abgeschieden, obwohl wir mitten in Wien sind. Unter der Woche und vor allem in den Herbst- und Wintermonaten sind wir mit unseren – zum Glück lieben – Nachbarn so gut wie allein. Wenn dann der Wochenendtourismus kommt und die Gärten wieder voller werden, dann kann man nicht nur den Pflanzen beim Wachsen zusehen, sondern auch den Menschen bei ihren Faxen. Ich versteh jetzt Leute, die auf ihren Fensterbrettern hängen und stundenlang in die Gasse schauen: bestes Kino! Das Schrulligste, was ich erlebe, ist eigentlich, wie ich mir selbst beim schrullig werden zusehen kann. Wie ich mich dabei erwische, völlig ungeniert schlampert in Haus- und Gartenklamotten zum Spar zu gehen und mir nichts mehr dabei denk. Wie ich aber davor zwei- oder dreimal überlege, ob ich jetzt wirklich aus dem Gartentürl rausgehen, oder nicht doch besser zu Hause bleiben soll, um im Garten herumzuschnippeln, zum x-ten Mal die Gartenhütte aufzuräumen oder einfach nur zu sitzen, zu schauen und zu schreiben. In die Stadt zu fahren, kostet mich oft riesige Überwindung. Irgendwie kommt es mir vor, der Schrebergarten hat einen Gulli und saugt mich auf, der Waschbeckenrand ist immer weiter entfernt, der Radius immer kleiner. Ich empfinde das irgendwie als angenehm.

Der Metzger begleitet dich ja schon seit 2007. Wie hat er sich während all dieser Zeit weiterentwickelt? Und wie hängt deine persönliche Weiterentwicklung, als sein Schöpfer, damit zusammen?

Thomas Raab: Das erfreuliche daran für mich ist: Er hat halbwegs gut all das verkraftet, was ich ihm angetan habe. Und ich glaube, er mag mich immer noch. Als Entschädigung habe ich ihn an der Seite einer wunderbaren Frau erleben lassen, wie sein Dasein plötzlich schöner wird. Ich habe ihn kurzfristig so eine Art Ersatzpapa sein lassen, ihm eine Halbschwester vor die Tür geknallt, ihn vom Hochgebirge bis zur italienischen Adria ermitteln lassen. Mir ist es beim Schreiben des neuen Metzgers schon aufgefallen, und gerade jetzt wieder, wo ich die Vorschau fürs nächste Frühjahr bekommen habe. Darin findet man „Der Metzger kommt ins Paradies“, den 6. Metzger-Band, der erstmals 2013 erschienen ist. Mir ist wie Schuppen von den Augen gefallen: In diesem Band wurde der Metzger 50, mittlerweile ist er 61. Ich sehe jeden Tag anhand meiner Kinder, wie die Zeit vergeht, an mir sehe ich es auch, an meiner Frau sehe ich es natürlich nicht, 😊, aber das hat mich kurz schon ein wenig aus der Fassung gebracht: Der Metzger wird älter. Und das macht etwas mit mir, durchaus im positiven Sinn.

 

Mit Thomas Raab und seinem Metzger im Schrebergarten

Welche Gartenzwerge wohl in den Beeten von Thomas Raab stehen?

Thomas Raab, geboren 1970 in Wien. Schulzeit eher mühsam, wäre da nicht das Klavier gewesen, sozusagen Gratis-Psychotherapie. 1988 dann doch Matura. Danach erste Versuche als Liedermacher, Studienabschluss Mathematik & Sport. Es folgten 10 Jahre einerseits als Lehrer (weil es so schön war in der Schule), andererseits im Musical- und Musiktheaterbereich und als Singer-Songwriter. Seit 2007 Schriftsteller, zahlreiche Romane um den Restaurator Willibald Adrian Metzger (u.a. Haymon), vielfach ausgezeichnet, sowie „Still – Chronik eines Mörders“ (Droemer). Neben dem Metzger lässt Raab auch die betagte Hannelore Huber ermitteln, wie zuletzt in „Peter kommt später“ (KiWi).

Du schickst ja nicht nur den Metzger auf Verbrecherjagd, sondern auch deine Hannelore Huber, zuletzt in „Peter kommt später“ (KIWI, 2024). Inwieweit sind denn der Metzger und die Frau Huber Geschwister im Geiste? Wären die beiden im realen Leben befreundet?

Thomas Raab: Ich glaub die beiden wären sehr gut befreundet, wahrscheinlich würde die Huberin dem Metzger sogar das Du anbieten – was sie bei mir nie gemacht hat. Und wahrscheinlich würde sich der Metzger sogar trauen, sie zu duzen, was wiederum ich nie gemacht hätte. Zu groß war immer mein Respekt. Und ja, sie sind tatsächlich Geschwister im Geiste. Für Hannelore Huber war mit ihrem dritten Fall meine zu erzählende Geschichte abgeschlossen. Die Huberin lebt jetzt weiter gemütlich in Glaubenthal und wird von mir in Ruhe gelassen (vielleicht lass ich sie irgendwann mal auf dem Metzger treffen, keine Ahnung) … ABER weil ich ihr Gartendasein und ihre Liebe zur Natur beim Schreiben so schätzen gelernt habe, bekommt das jetzt der Metzger ab und lebt eben in einer Schrebergartensiedlung.

Gab es bei deiner Arbeit an „Der Metzger gräbt um“ Momente, in denen dich der Metzger oder seine angebetete Danjela überrascht haben, indem sie etwas taten oder sagten, das du ursprünglich nicht geplant hattest? Wie hast du darauf reagiert?

Thomas Raab: Das ist leider die Crux bei meinem Schreiben, ein bisschen das Problem, aber für mich auch das Wunderbare. Meine Figuren überraschen mich immer. Ich schreibe planlos, und sobald ich mir einmal Pläne mache, wischen mir meine Figuren eins aus und mir kommen während dem Schreiben völlig absurde Ideen oder rührende Gedanken und dann kann ich nicht anders und muss mich dem stellen. Ich bin jetzt nicht gerade der Mensch, der vor Selbstvertrauen strotzt, aber ich glaube, wenn ich verlernen würde, meinen Figuren zu trauen und sie loszulassen, wie so wilde, ungezügelte Pferde irgendwo in der Prärie, dann würde mir die Freude am Schreiben ziemlich rasch vergehen.

Der Metzger wurde ja bereits mehrfach verfilmt, als Fernsehserie mit Robert Palfrader und als Fernsehfilm mit Simon Schwarz. Und man hört, dass wir uns bald über einen neuen Film freuen dürfen. Hattest du vor den Verfilmungen beim Schreiben ein bestimmtes Bild vom Metzger und seinen Konsort*innen im Kopf? Wie ist es für dich, wenn der Metzger von anderen zum Leben erweckt wird?

Thomas Raab: Zum Ersten ist es eine unglaubliche Ehre, überhaupt zu Lebzeiten von einem Verlag, in diesem Fall Haymon, mit einer bereits vorhandenen Reihe neu verlegt zu werden. Die Bücher bekommen ein wunderschönes Aussehen und dürfen so noch ein wenig länger leben. Ein klein wenig ähnlich ist es in punkto Film. Es ist schon ein Jackpot, wenn du eine Romanverfilmung erleben darfst, aber eine Neuauflage deiner Reihe mit neuer Produktionsfirma, neuem Sender, neuer Besetzung, das ist schon ein Wunder. Robert Palfrader war ein fantastischer Metzger, so voll Feingefühl und Hingabe. Er hat sich sehr in meinem Kopf verankert. Ja und Simon Schwarz ist auf eine andere Weise grandios, ein fantastischer Schauspieler, er gibt dem Metzger eine kottaneske Seite, schaut dabei fast aus wie der junge Mundl, das Herz in den Augen. Eine Freude. Für mich als Autor aber nehmen die Filme und die Personen keinen Einfluss auf mein Schreiben, da ist mir meine Freiheit im Kopf viel zu wichtig. Es gibt keine größere Freiheit für mich als eben das Schreiben.

 

Du hast jetzt nicht nur Lust aufs Garteln, sondern auch aufs Lesen bekommen und würdest schon gern wissen, was da hinter den Ligusterhecken getuschelt wird (natürlich nur zum Zwecke der Mileustudie)? Dann hol dir schnell den neuen Metzger-Krimi von Thomas Raab: “Der Metzger gräbt um“, erhältlich im Buchhandlung oder auf der Haymon-Website.

Die Wiederholung der Urszene: eine Psychoanalyse des Krimis

Gastbeitrag von Edith Kneifl

Ist „Ödipus Rex“ von Sophokles eine Detektivgeschichte? Nein, und doch haben beide viel gemein. Die Krimi­nalliteratur beschäftigt sich mit ähnli­chen Themen wie die klassische Psycho­analyse: mit dem ödipalen Verbrechen, seiner Aufdeckung und der damit ver­bundenen Entdeckung der Schuld und der Angst. „Kriminalschriftsteller sind die Psychoanalytiker der menschlichen Schattenseiten“ formulierte Janwillem van de Wetering.
Auch Sigmund Freud machte in einer Vorlesung für Jura-Stu­denten auf die Analogie zwischen dem Verbrecher und dem Analysierten auf­merksam: „Bei beiden handelt es sich um ein Geheimnis, um etwas Verborgenes. Aber beim Verbrecher handelt es sich um ein Geheimnis, das er weiß und verbirgt, beim Analysierten um ein Geheimnis, das auch er selbst nicht weiß. Die Aufgabe des Therapeuten ist aber die nämliche wie die des Untersuchungsrichters. Wir sollen das verborgene Psychische aufdecken und haben zu diesem Zwecke eine Reihe von Detektivkünsten erfunden, von denen uns also jetzt die Herren Juristen einige nach­ahmen werden.“
Aber nicht nur die Arbeit des Detektivs erinnert an die Arbeit des Psychoanalyti­kers. Jede Detektivgeschichte läuft ähn­lich einer Psychoanalyse ab. Krimis bau­en Ängste auf, die dann am Höhepunkt der Spannung aufgelöst werden, was dem Leser Entspannung und Erleichterung verschafft. Durch die Identifikation mit dem Täter, Opfer oder Detektiv kann der Leser seinen eigenen Impulsen nachge­ben, seinem Voyeurismus freien Lauf las­sen und seine infantile Neugier befriedi­gen.
Sollte sich der Leser mit dem Detektiv identifizieren, winkt ihm als Belohnung ein mächtiges und untadeliges Über-Ich. Durch die Identifikation mit dem Opfer lebt er seine masochistischen Tendenzen zumindest in der Phantasie aus. Manchmal wird ihm dabei sogar das seltene Vergnügen gewährt, seinem eigenen Be­gräbnis beizuwohnen. In der Rolle des Opfers wird er, je nach Plot, die alten Ängste wieder durchmachen. Als verfolg­ter Täter hingegen ist es ihm erlaubt, seine aggressiven und sadistischen Gelü­ste wenigstens in der Phantasie auszule­ben.
Aber alles dies erklärt nicht hinrei­chend die Leidenschaft für Krimis. Der wesentliche Aspekt der Kriminalge­schichte ist ein anderer: Es wird eine intensive Neugier erweckt. Die menschli­che Fähigkeit zur Neugierde erreicht laut Sigmund Freud ihren ersten und inten­sivsten Ausdruck anläßlich der „Urszene“, der Beobachtung sexueller Szenen zwi­schen Erwachsenen durch das Kind. Hier also findet sich das wichtigste Element der Detektivgeschichte wieder: das gehei­me Verbrechen!

Edith Kneifl ist die Grande Dame der österreichischen Krimiszene und prägt diese seit Jahrzehnten entscheidend mit.

Durch die aktive Wiederholung der realen oder phantasierten gefährlichen Situation, die das Kind einst passiv und sehr schmerzhaft erduldet hat, versucht es, diese zu bewältigen, das ursprünglich traumatische Erlebnis unter seine Kontrolle zu bringen, seine Neugier und die in der Wiederholung erneut ausgelöste Erre­gung dieses Mal zu befriedigen. Die unbe­wußt arrangierte Wiederholung der Ur­szene kann auch in sublimierter Form erfolgen, zum Beispiel im leidenschaftlichen Lesen von Kriminalliteratur. Auch der Liebhaber von Kriminalgeschichten versucht aktiv, erlit­tene Erfahrungen wiederzubeleben und sie dadurch zu meistern.
Bei kreati­ven Menschen findet dieser Wunsch oft Ausdruck in subli­mierter Form, also in Form von künstleri­scher Produktion. Marie Bonaparte wies in ihrer dreibän­digen psychoanalyti­schen Studie über Edgar Allan Poe und seine Arbeit den enormen Einfluß des Urszenen-Traumas bei der Entstehung seiner Geschichten nach.

Der Detektiv befin­det sich in der glei­chen Lage wie das ödipale Kind. Er fie­bert vor Neugier und projiziert seine eige­ne Erregung und sei­ne Schuldgefühle auf das Objekt seiner Nachforschungen. Es ist kein Zufall, daß die großen Detektive dieses Genres, Sher­lock Holmes, C. Au­guste Dupin, Hercule Poirot und Lord Pe­ter Wimsey unverhei­ratet sind. Selbst Miss Marple war eine alte Jungfer. Sie alle sind nichts anderes als fiktive Repräsentan­ten des ödipalen Kin­des. Deshalb kann der Detektiv auch nicht als Familienoberhaupt dargestellt werden oder gar die herrschende Moral verkörpern. Das ödi­pale Kind ist nicht wirklich moralisch. Es ist nur clever. So clever wie eben ein Kind ist, bevor die Latenzzeit seine Neu­gier und seinen Wis­sensdrang dämpft.
In der inzwischen klassisch gewordenen Kriminallitera­tur gibt es zwei ver­schiedene Arten von Detektiven. Die amerikanischen Kollegen S. F. Bauer, L. Balter und W. Hunt unterscheiden in „die Eu­ropäer“ und „die Amerikaner“. In den zwanziger und drei­ßiger Jahren ent­stand in den Verei­nigten Staaten eine Version der Detektivgeschichte, die der europäischen, was Plot und Atmosphäre betrifft, durchaus ähnlich ist, auch wenn sie sozial enga­gierter und politisch korrekt sein mag. Daß sie einen wirkli­chen Neubeginn dar­stellte, liegt eher an der Figur des private-eye, der in die­sen sogenannten „hard-boiled“ Krimis nicht nur zum zen­tralen Charakter wird, sondern auch für den Leser von enormer emotionaler Bedeutung ist. Mit Hammetts Sam Spa­de und Chandlers Philipp Marlowe be­trat die USA das Par­kett der Kriminalliteratur, auch wenn Poe in Boston geboren wurde.
Die europäischen Detektive sind eher asexuell. Sie verhal­ten sich schwer neu­rotisch. Holmes und Poirot sind nicht nur narzißtisch gestört, sondern sicherlich auch Zwangsneuroti­ker. Die amerikani­schen Detektive, zum Beispiel die beiden, die Humphrey Bo­gart darstellte, sind dagegen sexuell aktiv oder zumindest sehr phallisch und vor al­lem für Frauen at­traktiv. Außerdem neigen sie zu Brutali­tät und Gewalt, wis­sen, ihre Fäuste und – wenn nötig – auch ihre Schußwaffen zu gebrauchen. Tatsäch­lich besitzen sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den Kriminellen, denen ihre eher intel­lektuellen europäi­schen Kollegen auf der Spur sind. Der amerikani­sche Detektiv bewegt sich selbst am Rande der Kriminalität und ist vielleicht gerade auch deswegen so faszinierend.
Die Krimi-Sucht der Europäer hat ihren Ursprung wohl eher in der Sucht nach Aufklärung. Im klassischen euro­päischen Kriminalroman steht immer das Rätsel und seine Lösung im Mittelpunkt – also das geheime Verbrechen.
Ebenso wie der europäische repräsen­tiert aber auch der amerikanische Detek­tiv das ödipale Kind. Da er seine Sexuali­tät jedoch nicht sublimiert wie sein euro­päischer Kollege, befindet er sich in viel größerer Gefahr als dieser, zum Kompli­zen des Täters zu werden. Doch gerade diese Triebhaftigkeit macht die amerikanische Detektivgeschichte emotional erre­gender als die europäische. Auch der amerikanische Detektiv wird nicht wirk­lich zum Verbrecher. Würde er tatsächlich am ödipalen Verbrechen teilhaben, dann wäre die Geschichte nicht länger eine Detektivgeschichte, sondern eine Art „Ödipus Rex“.
Die Urszene ist die dramatische Quint­essenz aller Ängste. Wie traumatisch sie erlebt wird, hängt davon ab, wie sie erfah­ren wurde: von der psychischen Entwick­lung des Kindes zu dieser Zeit, von der Beziehung zwischen den Eltern und von der Beziehung zwischen Eltern und Kind.
Aber egal, wie die Reaktion des Kindes aussieht: Sie hat immer Angst zur Folge. Ob es die Urszene verleugnet, akzeptiert oder teilnahmslos reagiert – die verdräng­te Erinnerung wird auf jeden Fall bis zu einem gewissen Grad mit einem schmerzvollen Effekt behaftet sein.
In der Kriminalliteratur wird dem Le­ser durch die graduelle Enthüllung der Indizien ein wesentliches Detail nach dem anderen dargeboten. Und schließlich wird das Verbrechen rekonstruiert, das Ge­heimnis gelüftet, das heißt: Die Urszene wird entlarvt. In einer Orgie von Nachfor­schungen kann das Kind im Leser, perso­nifiziert durch den großen Detektiv, schauen, erinnern und zusammenfügen – ohne Furcht und ohne Schande, im Ge­gensatz zu dem erschrockenen Kind, das Zeuge der Urszene war.
Die Kriminalgeschichte versucht also vom Standpunkt des Unbewußten aus, weniger schmerzvolle Urszenen zu inszenieren. Diese fiktive Urszene befriedigt vor allem die „Voyeure“. Aber der Voyeur wird durch sein Zuschauen nie vollkom­men zufriedengestellt. Er muß immer wieder hinsehen, so wie der Leser von Kriminalgeschichten unermüdlich diesel­be grundlegende mythische Erzählung von Mord, Schuld und Rache ohne Lange­weile liest, um Befriedigung zu erfahren. Wirkliche Befriedigung erlangen dabei weder Schriftsteller noch Leser oder Voyeur. Der Schriftsteller besitzt zwar we­nigstens die Kontrolle über das Gesche­hen, aber ebenso wie der Leser bleibt auch er immer nur Zuseher und nicht Teilneh­mer an diesem spannenden Ereignis.

Dieser Beitrag ist erschienen in Die Furche Nr. 26, Rubrik: Dossier, 26.6.2003.


Als ausgebildete Psychoanalytikerin begleitet uns Edith Kneifl in ihrem neuesten Werk in die Wiener Seele und bringt Licht in deren dunkle, verborgene und auch beunruhigende Ecken. Wir versumpfen in gemütlichen Absteigen, lachen laut auf, wo es in der guten Gesellschaft verpönt ist, und halten die Luft an, wenn sich die Ereignisse überschlagen. Was auch nicht zu kurz kommt: Liebesgeschichten, Intrigen, Skandale, kurzum: alles, was man an dunklen Herbstabenden braucht. „Der Wolf auf meiner Couch“ ist ab dem 19. September 2024 überall, wo es Bücher gibt, erhältlich.

 


„Ich wünsche mir mehr Diversität, also: mehr Autor*innen aus allen möglichen Welten, mit allen möglichen Hintergründen, mit verschiedensten Geschichten und Figuren. Sonst hat der Krimi keine Zukunft.“ – Till Raether im Interview

Wie alle Literatur verändert sich der Kriminalroman konstant, und immer wieder ist es notwendig, sich die Frage zu stellen: Welche Komponenten braucht ein Krimi, um zeitgemäß zu sein? Der Koblenzer Autor Till Raether spricht mit uns im Interview darüber, was einen „guten Krimi“ ausmacht und was gesellschaftspolitische Entwicklungen damit zu tun haben. 

Lieber Till, vor Kurzem wurde dein Roman „Die Architektin“ von der Hamburger Kulturbehörde zum „Buch des Jahres“ ausgezeichnet. Außerdem hast du u.a. ein großartiges Buch über Zuversicht geschrieben: „Hab ich noch Hoffnung, oder muss ich mir welche machen?“ Und natürlich kennt man deine beliebten Danowski-Krimis. Du bist also in verschiedenen Genres unterwegs. Seit wann schreibst du als Krimi-Autor und wie ist deine Faszination dafür entstanden?
Mein erster Kriminalroman ist 2014 erschienen, ich hab aber schon als Kind angefangen, Krimis zu schreiben. Ich erinnere mich an einen, der „Der Mörder kam im Leichenwagen“ hieß. Meine Mutter war treue Leserin und Sammlerin der rororo-Thriller, deren dunkle Einbände und die geheimnisvollen Titel haben mich von Anfang an fasziniert.

Der Krimi, wie wir ihn heute kennen, hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Friedrich Schiller war im deutschsprachigen Raum beispielsweise einer der ersten, der über Kriminalfälle schrieb. Wie nimmst du das Genre wahr? Hat es sich in deiner Wahrnehmung stark verändert in den letzten Jahren?
Ich finde es erstaunlich, wie groß der Unterschied zwischen Kriminalromanen und Krimis im deutschsprachigen Fernsehen ist. Während die Krimiliteratur eine große Bandbreite von Geschichten und Personen erzählt, wird im Fernsehen in den allermeisten Fällen die klassische Polizeierzählung mit Verbrechen, Ermittlung und Lösung erzählt, zwischendurch ein bisschen Privatleben und Sprüche. Ich glaube, durch die Fernseh-Krimis könnte der Eindruck entstehen, dass der deutschsprachige Krimi erstarrt ist, aber ich finde ihn recht lebendig und vielfältig.

In einem Vortrag bei der Tagung „Kriminalerzählungen der Gegenwart“ der Universität Bonn im April 2021, der auf 54Books nachzulesen ist, sagst du: „Noch viel realistischer über die Polizei zu schreiben, wäre eine Flucht in die Recherche. Aber noch viel literarischer über die Polizei zu schreiben, wäre eine Flucht in die Kunst. Was also soll ich tun, als Genre-Autor?“ Wie schaust du inzwischen auf deine bisherigen Bücher, deine Herangehensweise(n) und auf die deiner Kolleg*innen?
Ich persönlich habe meine Reihe über den Hamburger Kommissar Adam Danowski gerade mit dem siebten Band beendet, und am Ende verlässt Danowski die Polizei. Ehrlich gesagt auch deshalb, weil ich immer noch ratlos bin, wie man heute Polizei erzählen kann, ohne die ganze Zeit die gleichen Strukturen abzubilden und die gleichen Geschichten und Figurenkonstellationen zu wiederholen. Ich bewundere Kolleg*innen, die da länger durchhalten, aber ich finde andererseits, dass Ratlosigkeit auch keine Schande ist. Im Moment arbeite ich jedenfalls an einem psychologischen Thriller, bei dem die Polizei keine Rolle spielt.

 

Till Raether, geboren 1969 in Koblenz, arbeitet als freier Autor in Hamburg, u.a. für das SZ-Magazin. Er wuchs in Berlin auf, besuchte die Deutsche Journalistenschule in München, studierte Amerikanistik und Geschichte in Berlin und New Orleans und war stellvertretender Chefredakteur von Brigitte. Sein Sachbuch „Bin ich schon depressiv, oder ist das noch das Leben?“ stand 2021 wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Seine Romane „Treibland“ und „Unter Wasser“ wurden 2015 und 2019 für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert, alle Bände um den hypersensiblen Hauptkommissar Danowski begeisterten Presse und Leser*innen. Band 2 „Blutapfel“ wurde vom ZDF mit Milan Peschel in der Hauptrolle verfilmt, weitere Danowski-Fernsehkrimis sind in Vorbereitung. Till Raether ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Von der klassischen Detektivgeschichte bis hin zum Thriller, von Cozy-Crime bis Noir gibt es viele Facetten der Spannungsliteratur. Was braucht es, damit ein Krimi zeitgemäß ist?
Eine gewisse Bereitschaft, die Regeln des Genres oder des Sub-Genres hier und da zu durchbrechen. Und ich finde schon auch, dass ein gewisses Verantwortungsbewusstsein dazugehört, also, sich die Frage zu stellen, ob wir beim Krimischreiben zum Beispiel bestimmte Formen von Gewalt als Unterhaltung ausbeuten.

Nicht selten wird der Krimi als Trivialliteratur bezeichnet, ja, geradezu abgewertet. Wie lautet deine Antwort darauf?
Ich finde die Bezeichnung Trivialliteratur irgendwie völlig veraltet. Genreliteratur wie der Krimi folgt nun mal bestimmten Regeln, das heißt, es gibt Vereinbarungen zwischen Autor*innen und Leser*innen, dass bestimmte Erwartungen im Genre erfüllt werden. Trivial finde ich persönlich vielmehr Literatur, bei der Altbekanntes auf handwerklich lieblose Weise zum x-ten Mal wiederholt wird. Das gibt es außerhalb des Genres genauso häufig oder häufiger als innerhalb des Genres, nach meiner Leseerfahrung.

Uns, unsere Gesellschaft beschäftigen viele brisante Fragen. Sollen im Krimi-Genre aktuelle gesellschaftspolitische Themen ihren Raum finden, oder macht es für dich einen „guten Krimi“ aus, dass er zeitlos ist?
Ich denke, dass aktuelle gesellschaftspolitische Themen eigentlich immer die gleichen sind, weil es dabei immer um Machtstrukturen in der Gesellschaft geht. Darum kann ich heute noch die Sjöwall-Wahlöö-Krimis aus den Sechzigern und Siebzigern lesen, obwohl ich weit entfernt von der schwedischen Gesellschaft der damaligen Zeit bin. Ich finde eher Krimis altbacken und schnell veraltet, die die Gesellschaftspolitik ihrer Zeit ignorieren und nur Psychologie erzählen.

Wie würdest du die Zukunft des Genres einschätzen und was würdest du dir für den Krimi wünschen?
Ich wünsche mir mehr Diversität, also: mehr Autor*innen aus allen möglichen Welten, mit allen möglichen Hintergründen, mit verschiedensten Geschichten und Figuren. Sonst hat der Krimi keine Zukunft.

Welche(r) Krimi(s) hat/haben dich in letzter Zeit total begeistert?
Die Aosawa-Morde“ von Riku Onda, „Milchmann“ von Anna Burns und, völlig unbegreiflicherweise bisher nicht auf Deutsch übersetzt, „Lady Joker“ von Kaoru Takamura.

Wir haben deine Neugierde geweckt und du hast Lust auf noch mehr gemischte Krimis bekommen? Wirf einen Blick in unsere aktuelle Vorschau, hier kannst du weitere facettenreiche Bücher entdecken.

„Es mag Sie irritieren, Herr Inspektor, dass weibliche Gehirne manchmal dem männlichen überlegen sind, doch Sie müssen sich nun leider damit abfinden.“

Dieses Zitat stammt von Miss Marple, mit der Agatha Christie schon in den 90ern zeigte, dass Frauen* das Krimigenre meisterhaft beherrschen. Trotzdem blieben die ermittelnden Figuren oft Cis-Männer: alternde, allmächtige Polizisten oder Detektive mit Genieanwandlungen; eine einzelne, mächtige Figur, die mehr oder weniger im Alleingang ihre Fälle löst, „die Bösen“ bekämpft und für die Sicherheit aller verantwortlich ist. Heute kommen uns aus Krimis dagegen Figuren mit vielen Facetten entgegen, mit denen wir nicht nur deshalb mitfiebern können, weil uns ihr aktueller Fall in Atem hält, sondern auch, weil ihre Haltungen, ihre alltäglichen Probleme und ihr Privatleben uns einen direkten Blick in eine andere Lebenswelt ermöglichen. Sie reflektieren autoritäre Strukturen, sie haben Team- und Kampfgeist, sie haben eine Meinung, die sie uns auch wissen lassen, sie nehmen sich selbst nicht so ernst. Und häufig sind sie: Frauen*. Ein guter Krimi ist immer mehr als ein spannender Plot: Er ist Sprachkunst, Gesellschaftssatire, Systemkritik, Empowerment – oder alles gleichzeitig. Deshalb stellen wir euch nun die Protagonistinnen unserer Krimi-Autor*innen vor.

 

Astrid findet heraus, dass ihr Partner sie betrügt, und will ihren Herzschmerz in Venedig kurieren, einem Sehnsuchtsort auf ihrer Bucketlist. Nichts lenkt besser von einer traumatischen Trennung ab als die wunderschöne Serenissima. Denkt Astrid. Aber: Statt romantischem Dolce Vita und köstlichem Vino findet sie in der Stadt der Gondeln und Kanäle vor allem Hitze. Und Leichen. Jede Menge Leichen. Astrid gerät unversehens in mafiöse Verstrickungen. Entführungsversuche, Verfolgungsjagden in Motorbooten, Schläger und Schmuggler – immerhin wird Astrid dadurch von ihren privaten Kümmernissen abgelenkt. Aber wird sie diese ungeplanten Abenteuer auch überleben?

 

Ellen Dunne und ihre Patsy Logan sind ein kriminalliterarisches Dreamteam. Patsy, Kriminalhauptkommissarin aus München, steht ein paar Monate vor ihrem 40er und ist frisch getrennt, in Dublin, während einer beruflichen sowie privaten Auszeit. Sie hat sich den Kopf an der gläsernen Decke gestoßen – und hat damit zu kämpfen. Doch nicht nur beruflich, sondern auch privat geht es drunter und drüber, ihr Mann hat sich eine Ältere gesucht, und was das mit dem Liebhaber werden soll … das weiß Patsy selbst auch nicht so genau. Wie gut, dass Patsy von ihrer Schöpferin Ellen Dunne jede Menge Entschlossenheit, Selbstironie und schwarzen Humor mitbekommen hat, sodass sie sich dennoch mit voller Energie in die Suche nach der verschwundenen Stella stürzen kann.

 

Auch im Vorgängerband „Boom Town Blues“, mit dem Ellen Dunne den Glauser-Preis gewonnen hat, braucht Patsy Logan schwarzen Humor und Selbstironie, um den Herausforderungen zu begegnen, die das Leben ihr entgegenwirft. Ihre Ehe kriselt, der unerfüllte Kinderwunsch belastet sie schwer und der verdiente Karrieresprung wird ihr zugunsten eines männlichen Kollegen verwehrt. Doch Patsy will in Irland nicht nur Abstand von ihrem Alltag gewinnen. Sie möchte auch Hinweisen von Menschen nachgehen, die ihren Vater lebend in Dublin gesehen haben wollen. Das ist einigermaßen verwirrend, denn: Patsys Vater ist seit vielen Jahren tot. Wir fiebern mit Patsy mit, als deren private Situation sich zuspitzt und die Vergangenheit beängstigend lebendig wird.

 

Nach einem Gefängnisaufenthalt versucht Kiki, zurück in ein geregeltes Leben zu finden. Als ihre unheilbar kranke Freundin Olga rund um die Uhr Pflege benötigt, zieht sie zu ihr und kümmert sich aufopfernd. Das neuartige Viennese Weed, ausnahmslos tödlich, ist für Olga eine Möglichkeit zur Flucht, die sie ergreifen möchte. Kiki ist bereit, für ihre Freundin die tödlichen Blätter zu beschaffen, selbst wenn sie weiß, dass das für sie den ultimativen Abschied von Olga bedeuten wird. Auch die dreizehnjährige Jasse treibt es in den Wald. Sie möchte ihrem Leben ein Ende setzen. Als plötzlich Aufseher auftauchen, fliehen Kiki und Jasse zusammen – und knüpfen eine vorsichtige Verbindung, eine Freundschaft, die sich aus Unglück speist. Das hält Jasse nicht davon ab, den Bärlauch, den sie gesammelt hat, zum Einsatz zu bringen – allerdings nicht an sich selbst …

 

Börnie, gewesene (und jetzt verwesende) Marketingexpertin bei Schön Cosmetics, wacht auf dem Büroboden auf und merkt, dass sie ermordet wurde. Wer zum Aasgeier hat ihr das angetan? Weil die Polizei keinen leichenblassen Schimmer hat, muss frau selber ran. Sterben ist eben auch nicht mehr das, was es mal war! Als Geist Ermittlungen aufzunehmen, ist aber leichter gesagt als getan. Stell dir vor, du bist tot und keiner hört zu. Weil dich überhaupt keiner hören kann! Naja, fast: Auf die kürzlich bei Schön wegrationalisierte Reinigungskraft Jenny und Medium Kai-Uwe ist immerhin Verlass. Wird es dem etwas anderen Ermittlertrio gelingen, Börnies Mörder dingfest zu machen, ehe der gesamte Personalstamm von Schön Cosmetics ein unschönes Ende nimmt?

 

Marias Mutter stirbt und sie genießt die Ruhe, endlich nicht mehr gebraucht zu werden, endlich einen Moment für sich selbst zu haben. Sie fährt los, gönnt sich zuerst ein Sektfrühstück, dann eine Nacht mit einem Fremden im Hotel. Als sie am nächsten Morgen in die Einfahrt biegt, steht die Polizei vor ihrem Haus. Maria bekommt Panik – und verschwindet. Sie wechselt ihre Identitäten und immer wieder wird ihre prekäre Situation schamlos ausgenutzt. Sie sucht den Weg des geringsten Widerstandes, fügt sich und passt sich ihrer Umwelt geschmeidig an … so lange, bis es ihr reicht. Die Flucht vor ihrer eigenen Identität hinterlässt blutige Spuren. Marias Wechselspiel aus Passivität und radikalen Befreiungsschlägen lässt sie dich spüren: die Hilflosigkeit und den lodernden Zorn, die aus Ungerechtigkeit und Unterdrückung entstehen.

 

Toni Lorenz, Schauspielschülerin am Konservatorium in Wien, ist offen, mutig und mit ihrem persönlichen Rucksack voller negativer Erfahrungen beladen. Während der Sommerferien arbeitet sie mit Privatdetektiv Edgar Brehm. Ein junger Mann verschwindet und Toni und Edgar merken, dass es ganz schön schwierig wird, alle Beziehungswirren, die den Vermissten und seine Familie verbinden, im Blick zu behalten. Wenn zumindest das Privatleben von Toni super unkompliziert wäre, aber nix da: Neben ihren Ermittlungen versucht Toni auch noch einen Sommerkurs an der Schauspielschule zu absolvieren. Blöd nur, dass ihr Dozent ein junger Filmstar ist (und sie ziemlich ablenkt). Toni hat wirklich schon genug miserable Erfahrungen mit Männern gemacht und versucht, vorsichtig zu bleiben – so gut das eben geht …

 

Philomena Schimmer liebt ihre beiden Schwestern, die ihr aber zuweilen auch ganz schön auf die Nerven gehen – vor allem der Nachwuchs. Sie hassliebt ihren Exfreund, von dem sie sich nicht lösen kann, obwohl er längst eine Neue hat. Sie hat Ideale, die sie auch verkündet, selbst wenn sie dafür zur Spraydose greifen muss. Als Polizistin sieht sie Dinge, die sonst niemand sieht: Sie sucht vermisste Personen und entdeckt selbst kleinste Hinweise und unscheinbarste Spuren. Und: Philomena sieht Menschen, die sonst niemand wahrnimmt. Seit einer traumatischen Erfahrung schickt Philomenas Unterbewusstsein ihr regelmäßig mysteriöse „Besucher“. Auf der Suche nach der jugendlichen Karina fällt es ihr immer schwerer, die professionelle Distanz zu wahren, je länger das Mädchen verschwunden bleibt.

 

Laura Mars wird aus ihrem Leben in Wien gerissen, als ein Notar aus Kroatien ihr mitteilt, dass sie die Alleinerbin ihrer gerade verstorbenen Großmutter ist – obwohl Laura schon vor Jahren deren Sterbeanzeige bekommen hat. Und damit nicht genug: Als Laura im Notariat in Pula ankommt, findet sie dort den Notar ermordet vor. Vom Testament fehlt jede Spur. Dafür entdeckt sie das Tagebuch ihrer Großmutter und erfährt mit jeder Seite mehr über die vertrackte und düstere Vergangenheit ihrer Familie. Eines hat sich Laura aber fest vorgenommen: keine komplizierten Männergeschichten mehr. Doch der ermittelnde Kommissar macht es ihr immer schwerer, an ihrem Vorsatz festzuhalten … Und die Zeit drängt: Während Lauras Nachforschungen immer mehr Fragen aufwerfen, taucht ein weiteres Mordopfer auf.

 

Miss Marple heißt jetzt Madame Beaumarie. Florence Beaumarie war Zeit ihres Berufslebens die Seele eines Pariser Kommissariats – jetzt möchte sie eigentlich entspannen. Doch das Verbrechen scheint ihr selbst im Ruhestand an den Fersen zu kleben. Das örtliche Kommissariat freut sich über die Unterstützung durch Madame Beaumarie, denn sie hat sich als findige Ermittlungshelferin weit über Paris hinaus einen Namen gemacht. Abgelenkt wird sie allerdings durch einen besonders charmanten Galan: Charles Florentin, ein attraktiver Antiquar, bringt Florence mit seiner liebevollen Aufmerksamkeit ein wenig durcheinander …

Begleite Astrid auf ihrem ungeplantem Abenteuer nach Venedig, Laura Mars in die düstere Vergangenheit ihrer Familie und Börnie in die Nachwelt. Fliehe mit Kiki und Jasse sowie mit Maria vor den Behörden und der unangenehmen Realität. Patsy Logan und Toni Lorenz nehmen dich mit auf ihre Ermittlungen und Philomena Schimmer sowie Madame Beaumarie kommen von den Verbrechen nicht los. Lies dich rein in die Geschichten unserer Ermittlerinnen!

Eine Krimireise um die Welt: Leseprobe aus „Sonnige Grüße aus dem Jenseits“ von Edith Kneifl

Edith Kneifl entführt mit „Sonnige Grüße aus dem Jenseits“ ihre Leser*innen aus dem Alltag und nimmt sie mit auf 18 literarische Reisen zu verschiedensten Traum-Urlaubsorten zwischen Wüstenglut, Meeresbrise und Großstadtdschungel. Die Grande Dame des österreichischen Krimis weiß, was das Sommerlektüreherz begehrt: Liebe und Hass, Sehnsucht und Vergeltung, fatale Beziehungen und einen ordentlichen Schuss Humor. So genießt man Krimis aus aller Welt bequem von Balkonien aus und bekommt vielleicht sogar die eine oder andere Idee für den nächsten Urlaub. Tauch ein in eine Welt voller Spannung und hol dir einen ersten Eindruck mit dieser Leseprobe.

 

Das Haus am Fluss

Das einstöckige Haus an der Themse stand seit langem leer. Hin und wieder sah man Harry im Garten die Hecken stutzen. Er war nicht mehr der Jüngste. Sein Haar war ergraut und spärlich geworden, aber er hatte sich sein kindliches Lächeln bewahrt. Harry kam jeden Tag hierher, so wie früher, als Miss Guinney noch hier wohnte. Er war ihr Mädchen für alles gewesen.
Eines Nachts war sie von einem Ausflug nach London nicht mehr zurückgekehrt.
Nach ihrem Verschwinden tauchten zwei Polizisten auf und stellten Harry Fragen, die er nicht beantworten konnte. Er beteuerte nur immer wieder, nicht zu wissen, wo sich seine Herrin aufhielt.
Nach dem Besuch der Polizei machten viele böse Geschichten die Runde. Harry hörte den Männern im Pub aufmerksam zu, äußerte sich aber nicht dazu, obwohl er Miss Guinney als Einziger näher gekannt hatte. Selbst wenn es stimmte, was die Leute erzählten, seine Miss würde schon ihre Gründe gehabt haben.
Miss Guinney war eine attraktive Frau, groß und schlank und mit breiten Schultern wie ein Mann. Das Schönste an ihr waren ihre langen blonden Haare. Sie trug sie nie offen, sondern immer straff nach hinten gekämmt und hochgesteckt, was sie sehr streng aussehen ließ. Man konnte sich jedoch vorstellen, wie prachtvoll es sein musste, wenn sie über ihren muskulösen Rücken flossen. Harry hätte zu gerne ihr Haar einmal offen gesehen, aber er wagte es nicht, sie heimlich beim Kämmen zu beobachten.
All ihre Zimmer lagen im Obergeschoss, ein Schlafzimmer, ein Kabinett, das ihr als Ankleideraum diente, ein Bad und noch ein Raum, der immer versperrt war. Im Erdgeschoss befanden sich die Küche, ein Esszimmer und ein geräumiger Salon, der einer überdimensionalen Rumpelkammer glich. Sosehr Harry sich auch bemühte, Ordnung zu schaffen, Miss Guinney gelang es immer wieder in kürzester Zeit, ein Chaos zu hinterlassen. Jeden Vormittag fand er schmutzige Gläser, leere Tonic- und Gin-Flaschen und überquellende Aschenbecher im Salon. Auf dem Orientteppich lagen die Kleider, die sie am Vortag getragen hatte. Er ließ sie jede Woche reinigen, obwohl er wusste, dass Miss Guinney sie ohnehin kein zweites Mal mehr anziehen würde.
Die Fenster des Salons gingen zum Fluss hinaus. Der Blick auf das liebliche Themse-Tal war fantastisch. Der Fluss schlängelte sich durch zwei steinerne Brücken, die von Trauerweiden umrahmt wurden. Die prächtigen Herrenhäuser am anderen Ufer ließen sich allerdings nur erahnen. Sie versteckten sich in verwunschenen Parkanlagen. Aus der Ferne grüßte ein Kirchturm. Dahinter erhoben sich sanfte grüne Hügel. Ins nächste Dorf brauchte man zu Fuß eine Viertelstunde. Doch Miss Guinney pflegte nicht oft zu Fuß zu gehen. Sie stand nie vor Mittag auf. Nachmittags saß sie dann meist draußen auf der überdachten Veranda und gab sich dem Müßiggang hin. Den prächtigen Garten, der bis zur Themse hinunterreichte, betrat sie nur selten, er war Harrys Reich.
Liebevoll kümmerte er sich um die Rosen, Hortensien und Rhododendronsträucher. Er hatte nur Blumen in Miss Guinneys Lieblingsfarben Pink und Violett gepflanzt. Verirrte sich hin und wieder ein andersfarbiges Gewächs hierher, wurde es sofort von ihm entfernt.
Während ihrer Mußestunden durfte er sich im Garten nicht blicken lassen. Als er es einmal wagte, nachmittags den Rasen zu mähen, erhob sie ihre Stimme. Es war das einzige Mal in all den Jahren, dass er ein scharfes Wort zu hören bekam. Daraufhin ließ er sich zwei Tage nicht bei ihr blicken.
Sonst sprach sie immer mit leiser Stimme, in der ein gewisses Gähnen lag. Es schien, als würde sie das Sprechen langweilen. Harry sprach auch nicht gern, nicht nur weil die meisten Leute lachten, wenn er den Mund aufmachte, sondern weil er nichts zu sagen hatte. Anfangs dachten die Dorfbewohner, Miss Guinney müsse immens reich sein oder irgendwo einen reichen Ehemann versteckt halten, denn sie besaß Unmengen von Schmuck und teuren Kleidern. Sie zog sich nicht nur täglich zweimal um, sondern trug auch jeden Tag etwas anderes. Man sah sie nie zweimal im selben Kleid. Sie hatte das Haus vor nunmehr sieben Jahren relativ günstig erstanden, weil es sehr nahe am Fluss lag, feucht war und schon halb verfallen, als sie einzog. Früher hatten Überschwemmungen Haus und Garten übel mitgespielt, doch seit flussaufwärts ein Staudamm errichtet worden war, gab es keine Probleme mehr mit dem Hochwasser. Die Grundstückspreise waren mittlerweile stark gestiegen.
Das romantische Thames Valley war eine begehrte Wohngegend, nicht nur wegen der Nähe zu Schloss Windsor und der Universitätsstadt Oxford, sondern auch, weil die Hauptstadt des Britischen Empires mit dem Auto in einer guten Stunde erreichbar war.

 

 

Das entzückende Cottage stammte aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Es war umgeben von üppiger Vegetation und sah sehr hübsch aus, nachdem Harry es renoviert hatte. Doch in letzter Zeit ließ Miss Guinney es wieder verkommen. Sie wollte ihre Ruhe haben und erlaubte Harry weder das undichte Dach zu reparieren noch die verrostete Gartenpforte zu erneuern. Die Gerüchte über ihr sagenhaftes Vermögen verstummten. Eine Frau mit Geld würde doch so ein schmuckes Häuschen nicht verwahrlosen lassen, sagten sich die Nachbarn, und die Neider wurden weniger. Miss Guinneys Alter ließ sich schwer schätzen. Sie hatte sich in den sieben Jahren, die sie hier lebte, kaum verändert. Die Meinungen über ihre Schönheit waren jedoch geteilt. Manche fanden sie früher hübscher, andere wieder behaupteten, sie würde von Jahr zu Jahr schöner. Auffällig war, dass sie keinen Mann hatte. Sie ließ sich nicht nur Miss nennen, sondern man sah sie auch nie mit einem männlichen Wesen. Außer mit Harry natürlich, aber der war ein armer Narr. Böse Zungen unterstellten ihr, dass sie nur so viel Sorgfalt auf ihr Aussehen verwendete, um sich einen Mann zu angeln. Im Dorf lebte ein Mann, der es besser wusste. Er hatte sich ein Jahr lang vergeblich um ihre Gunst bemüht. Obwohl er nicht übel aussah und sogar über das nötige Kleingeld verfügte, um einer anspruchsvollen Frau fast jeden Wunsch erfüllen zu können, hatte sie ihn ebenso abgewiesen wie alle anderen, die es bei ihr versucht hatten.

Miss Guinney war nicht unfreundlich zu ihren Verehrern, sie behandelte alle gleich oder, besser gesagt, gleichgültig. Sie war nicht arrogant, sondern einfach nur desinteressiert an anderen.
Kein Mensch, außer Harry, überschritt je die Schwelle ihrer Haustür. Sie empfing keine Gäste, hatte keine Freunde, nicht einmal Bekannte. Den Nachbarn schenkte sie ein kurzes Nicken, wenn sie ihnen zufällig auf der Straße begegnete. Da sie selten ausging, brauchte sie auch nicht oft zu nicken. Direkte Nachbarn hatte sie sowieso keine. Das nächste Haus lag mindestens hundert Meter entfernt. Ohne komplizierte Ausreden zu erfinden, lehnte sie jede Einladung ab. Während der letzten Jahre belästigte man sie nur mehr selten mit Einladungen. Das Interesse an ihr flaute ab.
Miss Guinney besaß selbst ein altes Boot mit einem Außenbordmotor. An besonders heißen Tagen fuhr sie hinaus und ließ sich von der Strömung flussabwärts treiben. Sie war dann oft stundenlang unterwegs, da die Rückfahrt mit dem schwachen Motor mühselig war. Auch während dieser Bootsfahrten war sie immer elegant gekleidet. Harry hatte sie noch nie in Shorts oder gar in einem Badeanzug gesehen.
Er genoss vor allem die Ruhe in ihrem Haus. Es gab nicht viel zu tun. Nur selten trug sie ihm Besorgungen auf. Sie war auch nicht anspruchsvoll, was das Essen betraf, sondern begnügte sich meistens mit Salat, Sandwiches oder Fish & Chips.
Wenn es draußen kühl wurde, begab sie sich in ihre Zimmer im ersten Stock und erschien erst zum Abendessen wieder, entsprechend gekleidet und noch schöner als am Tag. Harry servierte ihr das Dinner im Esszimmer. Er aß in der Küche, bekam aber das Gleiche wie sie. Nach dem Essen ging er nach Hause. Er wohnte unten am Fluss in einem vermoderten Bootshaus, das ebenfalls zum Cottage gehörte. In den Wintermonaten ließ ihn der Wirt in einem Abstellraum des Pubs schlafen. Harry war in all den Jahren nie auf die Idee gekommen, Miss Guinney zu fragen, ob er nicht in der Küche auf der Bank des riesigen Kachelofens schlafen dürfe. Was sie an den langen Abenden allein zu Hause machte, wusste er nicht. Vielleicht sah sie fern? Es brannte immer sehr lange Licht im ersten Stock, aber die dunklen Vorhänge waren zugezogen, in dem einen verschlossenen Raum auch tagsüber.
An den Wochenenden hatte Harry frei. Anfangs war er auch samstags erschienen. Sie hatte ihm jedoch freundlich, aber bestimmt zu verstehen gegeben, dass sie ihn bis Montagmittag nicht zu sehen wünschte. Harry hasste die Wochenenden. Er vertrieb sich die Tage mit Fischen und hing abends meistens im Pub herum.
Die Leute waren bald dahintergekommen, dass Miss Guinney jeden Samstag das Dorf verließ. Nachmittags, immer um die gleiche Zeit, stieg sie in ihren alten pinkfarbenen Bentley und raste die Landstraße hinunter. Einer ihrer Verehrer hatte einmal versucht, ihr nachzufahren. Bis nach London war er ihr gefolgt. Am Stadtrand hatte sie ihn abgeschüttelt. Auch bei seinem zweiten Versuch war sie ihm entwischt.
Anfangs munkelte man allerlei über diese regelmäßigen Ausflüge von Miss Guinney. Dann einigte man sich darauf, dass sie schließlich irgendwann ihre Einkäufe erledigen musste. Ab diesem Zeitpunkt galt der Samstag als Miss Guinneys Einkaufstag. Allerdings kehrte sie oft erst in den frühen Morgenstunden aus London zurück. Manchmal war es bereits hell, wenn Harry den Motor ihres Wagens hörte. Den Bentley parkte sie immer neben dem Cottage unter einer alten Esche.
Der Garten war umgeben von hohen Hecken und nur von der Themse aus einsehbar. Ein besonders hartnäckiger Bewunderer hatte eine Zeitlang versucht, sich ihr vom Fluss her zu nähern. Doch sie hatte sich sofort in ihr Haus zurückgezogen, wenn sein Boot aufgetaucht war. Schließlich gab er auf. Ebenso wie die gefürchteten anglikanischen Frauenvereine bald aufgaben, Miss Guinney als Mitglied gewinnen zu wollen. Sie wurde für verrückt erklärt, nicht so verrückt wie Harry, aber auch sie schien eben nicht ganz richtig im Kopf zu sein. Die Damen verloren das Interesse an ihr und ihren Ausflügen nach London.
Bis sie eines Tages nicht mehr zurückkam. Man wartete einen Tag, zwei Tage, nahm an, sie wäre verreist. Aber Harry schien nichts von einer Reise zu wissen. Als sie nach zwei Wochen noch immer nicht aufgetaucht war, begann die Polizei erneut Nachforschungen anzustellen. Sie brachen die Haustür auf, da Harry behauptete, keinen Schlüssel mehr zu haben. Miss Guinney hatte ihm alle Schlüssel abgenommen, als sie ihn hinausgeworfen hatte. Nach ihrer letzten London-Tour hatte sie Harry in ihrem Bett vorgefunden und kurzerhand vor die Tür gesetzt.
Die Polizisten machten selbst vor dem ersten Stock nicht halt. Harry versuchte, die Police officers daran zu hindern, Miss Guinneys Schlafzimmer zu betreten, denn sie hätte niemals geduldet, dass diese wildgewordene Horde in ihr kleines privates Reich eindrang. Nicht einmal er hatte den ersten Stock betreten dürfen. Aber gegen diese Meute von Scotland Yard hatte er keine Chance. Verzweifelt klammerte er sich an die Beine eines Inspektors. Dieser versetzte ihm einen heftigen Stoß und Harry stürzte die Treppe hinunter. In dem mysteriösen Zimmer im ersten Stock entdeckten die Männer von Scotland Yard dann Anzüge in allen Größen, Maßhemden, Lederschuhe, goldene Uhren und leere Brieftaschen.
Miss Guinney hatte sich ein sonderbares Museum eingerichtet. Zuerst dachte die Polizei, sie hätte diese Sachen nur gestohlen. Später stellte sich heraus, dass die Besitzer dieser hübschen Sachen als vermisst gemeldet waren, verschollen in der fernen Großstadt, manche schon vor Jahren.
Die Gerüchte überstürzten sich. Die schöne Miss Guinney musste sehr wählerisch gewesen sein.
Anscheinend hatte sie sich nur mit wohlhabenden Männern eingelassen.
Der Londoner Nobelstrich wirkte verwaist ohne sie, „die Lady im Bentley“, wie sie von ihren Kolleginnen respektvoll genannt worden war, da sie ihren Kunden immer in ihrem schönen Wagen zu einem letzten Genuss verholfen hatte.
Als Harry abends aus dem Pub in das Bootshaus zurückkehrte, erzählte er Miss Guinney, dass die Polizei heute nicht nur die Leichen von drei ihrer ehemaligen Kunden, sondern auch ihren alten pinkfarbenen Bentley im Stausee gefunden hatte.
Miss Guinney antwortete ihm nicht. Sie konnte nicht, lag sie doch unter den morschen Brettern des Bootshauses, friedlich schlummernd im Schlammbett des Flusses. In ihrem weißen langen Hals steckte eine Heckenschere. Der Knoten in ihrem Haar hatte sich gelöst. Die langen blonden Strähnen breiteten sich auf den sanften Wellen der Themse aus. Harry entfernte zwei Bretter. Er konnte sich nicht sattsehen an ihrem wundervollen Haar, das sie endlich offen trug.

„Hier in Venedig bin ich eine Göttin.“ – Ein geheimer Tagebucheintrag von Astrid Vollrath

Astrid Vollrath, die neue Romanheldin von Krimödien-Queen Tatjana Kruse, reist nach Venedig, um sich dort von ihrem Liebeskummer abzulenken. Wie gut es Astrid gelingt, ihren betrügerischen Ex-Partner zu vergessen und welche kuriosen Abenteuer sie in Venedig erlebt, erfährst du in diesem exklusiven Tagebucheintrag.

 

Aus dem Tagebuch der Astrid V.

Tag 1 in Venedig

Ich fühle mich großartig!
Habe heute den ganzen Tag kein einziges Mal an Hagen gedacht, diesen Arsch auf zwei Beinen.
Na gut, ein-, zweimal schon. Nach dem Aufwachen. Und ganz kurz unter der Dusche. Eingeseift, geschluchzt, geheult, weitergeseift. Aber Tränen, die augenblicklich weggespült werden, gelten nicht.

Was gilt, ist die Tatsache, dass ich jetzt in Venedig bin.

Venedig!

Schon seit immer ein Sehnsuchtsort von mir. Jetzt im Sommer einen Ticken zu schwülheiß und touristenvoll, aber trotzdem … Venedig!

Zugegeben, das mit der Männerleiche, die auf meinem Weg zum Markusplatz im Kanal dümpelte, war jetzt nicht so prickelnd. Es hieß, er soll in eine Schiffsschraube geraten sein. Aber es war ja kaum etwas von dem Toten zu sehen. Nur die Hosenbeine. Da muss ich jetzt nicht so tun, als hätte mich das auch nur annähernd so traumatisiert wie der haarige Wipphintern von Hagen zwischen den Beinen unserer Nachbarin. Trotzdem, das soll mir eine Mahnung sein, dass das Leben kurz ist und man es genießen muss!

Und ja, dass in die Ferienwohnung eingebrochen wurde, während ich unterwegs war und man mir mein Handy gestohlen hat, hinterlässt schon einen kleinen Kratzer im Lack meiner Glückseligkeit.

Aber ich habe auf einen Schlag fünfundneunzig untreue Kilo verloren – ich fühle mich leicht und frei. Und ich wurde von einem eleganten Fremden zu einer Gondelfahrt eingeladen! Er hat im Gegenzug nichts weiter von mir erwartet, als mir den Handrücken küssen zu dürfen. Voll die Hollywoodszene.

Und das mir. Einer unspektakulären Steuerfachfrau aus Süddeutschland. Die ungewohnt spontan in den Zug nach Venedig stieg, nachdem sie ihren Lebens-Schrägstrich-Kanzleipartner bei der Matratzengymnastik mit Frisöse Gabi erwischt hat.

Und jetzt liege ich hier auf dem Bett der schnuckeligen Dachkemenate, die ich last minute ergattern konnte – in einem Palazzo voller Dogenköpfe aus Gips. Mein Vermieter heißt Cesare Foscarelli – was einem quasi auf der Zunge zergeht –, und er sieht selbst aus wie ein Doge. Der Palazzo ist ein wenig in die Jahre gekommen und verratzt, und Cesares Familie erinnert an eine Freakshow. Schon deswegen, weil sie in der Küche Piranhas in einem Aquarium halten. Piranhas!

Egal. Ich wollte einfach nur möglichst weit weg und mein Unglück vergessen. Das ist mir gelungen.

Hier ist alles ganz anders als daheim. Aufregend neu und ungewohnt. Ich wage mich auf völlig neues Terrain vor, und das ganz ohne meine üblichen To-Do-Listen. Sonst habe ich immer großen Wert darauf gelegt, penibelst auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet zu sein. Nicht hier! Venedig macht aus mir eine ganz neue Frau.

Und habe ich schon geschrieben, dass mich ein Fremder zu einer Gondelfahrt eingeladen hat? Wie geil ist das denn bitteschön?!
Ich fühle mich sexy und schön und begehrenswert. Ich werde ohne Hagen nicht verdorren und einschrumpeln und altjüngferlich in ein frühes Grab sinken. Im Gegenteil! Männer werfen sich mir bereits jetzt, am Tag eins nach Hagen, zu Füßen – vielleicht keine hochgewachsenen, blonden Wikingertypen, dafür aber kleine, perfekt gebaute, dunkelhaarige, samtäugige Lockenträger aus der Lagunenstadt.

Gut möglich, dass ich im Laufe des Tages hin und wieder leise vor mich hingeschnurrt habe.
Hier in Venedig bin ich eine Göttin.

Das ist mein neues Ich.

Eine unwiderstehliche Femme fatale.

Kicher, ich hatte offenbar zu viel von dem Rotwein, den Cesare spendiert hat.

Okay, might delete later.

Nee, besser noch, ich reiße die Seite gleich aus dem Tagebuch. Wenn das jemals wer lesen sollte, wäre mir das doch voll peinlich. Sogar posthum noch.

Ich habe mich ein einziges Mal in meinem Leben für das Ungewohnte entschieden, für das Spontane, für das Abenteuer. Das macht aus mir noch keine „Bond, Jane Bond“.

Ich bin eine Astrid. Mit einem Astridleben. Und das ist voll okay so!

Obwohl …

 

Absolut suchtgefährlich: „Tagebuch einer Wasserleiche aus dem Canale Grande“ von Tatjana Kruse.

 

Astrid muss weg von daheim! Sie findet heraus, dass ihr Partner sie betrügt, und will ihren Herzschmerz in Venedig kurieren, einem Sehnsuchtsort ihrer Bucketlist. Nichts lenkt besser von einer traumatischen Trennung ab als die wunderschöne Serenissima. Denkt Astrid.
Aber: Statt romantischem Dolce Vita und köstlichem Vino findet sie in der Stadt der Gondeln und Kanäle vor allem Hitze. Und Leichen. Jede Menge Leichen. Denn die „Familie“ ihres Gastgebers Cesare handelt mit weit mehr als nur mit Dogenköpfen aus Gips. Astrid gerät unversehens in mafiöse Verstrickungen. Entführungsversuche, Verfolgungsjagden in Motorbooten, Schläger und Schmuggler – immerhin wird Astrid dadurch von ihren privaten Kümmernissen abgelenkt. Aber wird sie diese ungeplanten Abenteuer auch überleben?. 

Klick hier, um mehr über Astrids Abenteuer in Venedig zu erfahren.

„Das muss man als Ösi erstmal schaffen, deutscher Beamter zu werden!“ – Wolfgang Ainetter im Interview

Wolfgang Ainetter – ehemaliger Ministersprecher, Kommunikationschef, Journalist und jetzt Krimi-Autor! Im Gespräch offenbart Wolfgang Ainetter, was ihn zu seinem satirischen Debütkrimi „Geheimnisse, Lügen und andere Währungen“ inspiriert hat, welche Parallelen es zwischen ihm und seiner Figur André Heidergott gibt und wie der berühmt-berüchtigte Wiener Schmäh in Berlin ankommt.

Ist die Idee zu deinem ersten Krimi während der Arbeit im Ministerium entstanden oder vielleicht doch eher beim Sushi-Essen?

Als ich nach gut 25 Jahren im Journalismus Kommunikationschef in einem deutschen Ministerium wurde, tauchte ich in eine für mich fremde Welt: Unterschriften- und Umlaufmappen, Aktenvermerke, Gesetzesentwürfe, exotische Marathon-Begriffe wie Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz oder Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung und nicht zuletzt opernhafte Titel wie Ministerialdirigent – genau dieser Titel stand übrigens auf meiner Visitenkarte. Schon nach wenigen Wochen kam mir die Idee, meine Eindrücke irgendwann literarisch zu verarbeiten und einen satirischen Ministeriumskrimi zu schreiben. Auf die in meinem Buch erwähnte Sushi-Foltermethode hat mich mein Lieblingskollege im Ministerium gebracht. Beim Mittagessen meinte er eines Tages: „Zum Glück gibt es bei uns in der Ministeriumskantine nie Sushi, das wäre die reinste Folter für mich.“

 

Foto: © Niels Starnick.

Was war die größte Herausforderung beim Schreiben? 

Die Zeit! Ich habe mir fast jede freie Minute und alle Urlaubstage abgezweigt, um neben meinem Hauptjob als Kommunikator an meinem Buch arbeiten zu können. Und es war eine echte Challenge, den Witz, der sich durch meinen Ministeriumskrimi zieht, auf einem gewissen Niveau halten zu können. Gute Satire ist weder laut noch derb.

 

Beim Lesen musste ich immer wieder laut auflachen, der Humor kommt im Buch wirklich nicht zu kurz. Was würdest du sagen: Ist es eher Schmäh oder Witz, den Heidergott in seine Perspektive bringt?

Kommissar André Heidergott ist gebürtiger Wiener und damit von Haus aus mit Wiener Schmäh gesegnet. Wie meine Hauptfigur Heidergott muss ich als Exil-Ösi sagen: Wien ist die Hauptstadt des schwarzen Humors, in dieser Disziplin kann Berlin leider nicht mithalten. Ich höre mindestens einmal pro Woche Qualtinger.

 

André Heidergott und dich verbindet zumindest der Umzug von Wien nach Berlin. Habt ihr weitere Gemeinsamkeiten?

Wir sind beide deutsche Beamte, er Polizeioberkommissar, ich Ministerialdirigent. Das muss man als Ösi erstmal schaffen, deutscher Beamter zu werden! Und sowohl Heidergott als auch ich haben gelegentlich Heimweh nach Wien. Wenn Heidergott und ich Heimweh haben, gehen wir zum vielleicht besten österreichischen Restaurant in Berlin, der „Nußbaumerin“, und trinken ein, zwei, drei Achterln Grünen Veltliner.

 

Lörr ist die Verkörperung des deutschen Spießbürgertums. Sind Eigenschaften von realen Personen in ihn eingeflossen?

In meinem Buch steht gleich zu Beginn:

„Diese Geschichte ist ebenso wahr wie die Lebensläufe von Abgeordneten. Die handelnden Personen existieren tatsächlich – in der Halluzination des Autors. Sollte sich eine Leserin oder ein Leser in einer der erfundenen Figuren wiedererkennen: Medienanwalt Christian Schertz wird sich um Sie kümmern, leider nur gegen Honorar.“

 

Du hast Psychologie studiert. Hat dir das bei der Entwicklung deiner Figuren geholfen?

Ja, sehr sogar. Aber noch mehr hat mir meine langjährige Reporterzeit geholfen, in der ich in den unterschiedlichsten Ländern die unterschiedlichsten Menschen mit den unterschiedlichsten Berufen getroffen habe. Ich bin eigentlich vor allem deshalb Journalist und jetzt Autor geworden, weil mich Menschen interessieren.

 

Wird im politischen Berlin wirklich so viel intrigiert, wie du es im Buch darstellst?

Der politische Betrieb ist mitunter „House of Cards“ in echt. Aber nicht nur in Berlin wird intrigiert, sondern auch in Wien und in so gut wie jeder anderen Metropole oder Kleinstadt. Das liegt in der Natur des Systems. Ich habe in der Politik zum Glück auch viele ehrliche, engagierte, wunderbare Menschen kennengelernt – die aber alle keine Spitzenpositionen bekleiden. Nach ganz oben schaffen es sehr oft nur Machtmenschen, die jeden Parteirivalen ausdribbeln, ihre Überzeugung Woche für Woche wechseln und ihre Politik nach den Umfragen der Meinungsforscher ausrichten. Vielleicht sind deshalb immer weniger Menschen bereit, sich politisch zu engagieren. Das halte ich gefährlich für unsere Demokratie – vor allem jetzt, wo es in ganz Europa einen Rechtsruck gibt und Rechtsextreme in Deutschland sogar offen von Umsturzplänen träumen.

 

Wie ist es dir als Österreicher in Berlin ergangen, auch im Vergleich zu André Heidergott?

1991, also zwei Jahre nach der Wende, war ich für eine Reportage erstmals in Berlin. Ich war damals 20 und hatte das Glück, mit Daniel Biskup, einem der bekanntesten deutschen Fotografen, arbeiten zu können. Damals sagte ich zu Daniel: „Eines Tages will ich hier in Berlin wohnen.“ Mein Wunsch sollte 17 Jahre später in Erfüllung gehen. Als Österreicher geht es einem in Berlin sehr gut, offensichtlich mögen uns Ösis die Leute hier, auch André Heidergott ist ja auf seiner Polizeidirektion sehr beliebt, bis auf seinen Chef können ihn alle gut leiden. Die Berliner brauchen zwar eine Weile, bis sie den Wiener Schmäh verstanden haben, aber wenn es dann soweit ist, freuen sie sich über jeden guten Spruch.

 

In „Geheimnisse, Lügen und andere Währungen“ nimmt uns Polit-Insider Wolfgang Ainetter mit in die Hochburg der deutschen Bürokratie.

 

Tatort Regierungsviertel: staubige Schreibtische und giftige Aktenschränke

Was zieht einen österreichischen Charmeur und Polizeioberkommissar nach Berlin? Natürlich die Liebe! André Heidergott, seines Zeichens leiwander Wiener, wohnt wegen seiner jetzigen Ex-Frau in Moabit. Mit den großen Gefühlen hat sich aber leider auch die gute Laune verflüchtigt. Was auch nicht hilft: Ein hoher Beamter wird entführt – und Heidergott muss ins Ermittlerteam „BAO Finsterweg“. Entführungsopfer Hans-Joachim Lörr war ein Meister der Machtspiele. Er steht kurz vor der Pensionierung und hat sich im Laufe seiner Beamtenkarriere viele Feinde gemacht, denn in Wahrheit hielt er als „Schattenminister“ stets die Fäden in der Hand – eine Tatsache, auf die er mit Stolz zurückblickt. Zusammen mit seiner Vorgesetzten Emily Schippmann ermittelt Heidergott im Berliner Regierungsviertel, wo gute Beziehungen alles sind. 

Klick hier, um mit André Heidergott die dunkelsten Geheimnisse der Beamt*innen zu ergründen.

„Gasperlmaier hängt noch immer das Image des Tollpatschs nach.“ – Herbert Dutzler im Interview

Franz Gasperlmaier hat bereits im Bergwerksstollen ermittelt, sich im Fasching als Trommelweib getarnt, bei Verfolgungsjagden auf Gebirgsstraßen geschwitzt und dabei diverse Verbrecher*innen gestellt. Herbert Dutzler verrät uns, was „Letztes Zuckerl” für den Franz bereithält und inwiefern sich der Ermittler der Herzen über die Jahre verändert hat.

 

Seit Jahren dürfen wir Franz Gasperlmaier bei seinen Ermittlungen begleiten – in „Letztes Zuckerl“ bereits zum elften Mal. Was würdest du sagen, inwieweit hat sich Gasperlmaier in all den Jahren weiterentwickelt und inwiefern ist er der Alte geblieben? Und wie hat sich die Beziehung zwischen dir und deiner Romanfigur verändert?

Gasperlmaier hängt immer noch das Image des Tollpatschs nach, das ich ihm zu Beginn der Serie selbst verpasst habe. Mittlerweile hat er das Ungeschickte, Umständliche äußerlich abgelegt, das Zögerliche und Nachdenkliche aber sind ihm geblieben. Ich lasse Gasperlmaier nämlich immer noch sehr zaghaft auf Neues, Unerwartetes und Ungewöhnliches reagieren, das bringt auch Spannung in die Figur, sie muss sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen, wie zum Beispiel den Entwicklungen in seiner Familie.

 

Foto: © Haymon Verlag/ Fotowerk Aichner.

Ein altbekanntes Sprichwort lautet „Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen“. Glaubst du, Gasperlmaier würde diesem Spruch zustimmen?

Ja, sicher. Er macht sich um das Wohlergehen seiner Kinder und Enkel viele Gedanken, die ihm manchmal auch den Schlaf rauben. Da Gasperlmaier bereits im ersten Band fast erwachsene Kinder hatte, fehlt mir leider der Einblick in ihre frühe Kindheit und Jugend – welche Rätsel sie ihm damals aufgegeben haben, verbleibt im Dunkel der Vergangenheit. Aber vielleicht gibt es ja einmal einen Band „Gasperlmaier – the early years“!

 

Auch Internetkriminalität wird in „Letztes Zuckerl“ thematisiert. Musstest du selbst schon mal Erfahrungen mit Internettrollen machen?

Das ist mir bisher zum Glück erspart geblieben – obwohl: Bei einigen Büchern tauchten auf der Seite eines bekannten Onlineshops sehr kurz nach dem Erscheinen anonyme Ein-Stern-Bewertungen ohne Kommentar auf – da habe ich mir schon Gedanken gemacht, wer da wohl dahinterstecken könnte!

 

Wer auf der Suche nach einer Wohnung oder einem Eigenheim ist, weiß: Es ist schwierig, etwas Passendes und noch schwieriger, etwas Leistbares zu finden. Selbst im idyllischen Altaussee versucht jemand, dubiose Immobiliendeals zu machen. Hattest du selbst bereits mit Immobilienhaien zu tun?

Da muss ich ein wenig weiter zurückgehen: Während des Studiums habe ich mit meiner damaligen Freundin und jetzigen Frau in einer Garçonnière in Salzburg gewohnt. Der Besitzer verfügte, Gerüchten zufolge, über ca. 80 Wohnungen in Salzburg und hat während der insgesamt 5 Jahre, die wir dort verbrachten, die Miete um ca. 50% erhöht – da konnten wir zum ersten und einzigen Mal spüren, wie schwierig es sein kann, in Gegenden leistbares Wohnen zu finden, die sehr stark nachgefragt sind.

 

Der Franz ist traditionsverbunden, aber auch immer wieder bereit, sich auf Neues einzulassen. Was beschäftigt ihn derzeit? Was tut sich in seinem Leben?

Da gibt es tatsächlich einiges. Gasperlmaier macht sich zu viele Gedanken darüber, ob die Partner seiner Kinder auch wirklich die richtigen für sie sind. Da ist einmal Richelle aus Vancouver, die für seinen Geschmack etwas zu mondän und zu wenig naturverbunden ist. Ob das in Altaussee gut gehen kann, fragt er sich oft. Und die Frau seiner Tochter ist ja bekanntlich Journalistin, und er hat es nicht so gern, wenn sie zusammen mit seiner Katharina in Altausseer Interna herumwühlt. Und zu guter Letzt fragt er sich natürlich auch, ob er es bei der Polizei bis zur Pension schaffen wird – nach einem durchaus unerfreulichen Erlebnis im „Letzten Zuckerl“, über das nichts verraten werden soll. Aber es ist ihm ja schon einige Male übel mitgespielt worden, das darf man hier nicht vergessen!

 

Altausseer Landidylle, Opafreuden und Internetkriminalität  findest du in „Letztes Zuckerl” von Herbert Dutzler.

 

Full House bei den Gasperlmaiers!
Die bereits erwachsenen Kinder kehren mit ihren Familien zurück ins elterliche Nest und auch außerhalb des Gasperlmaier-Hauses geht es rund: Zuerst geschieht ein Unfall mit Todesfolge, dann gräbt ein Hund nicht etwa ein Stöckchen, sondern eine Leiche aus dem Schnee. Dass es Franz Gasperlmaier bei seinen Ermittlungen mit Männern zu tun bekommt, die sich mit Frauenhass brüsten, jemand um jeden Preis Altausseer Immobilien ergattern will und ein Hauch von Marihuanaduft in der Luft liegt, lässt seinen Vorsatz, es ruhiger anzugehen, gehörig wackeln.

 

Komm mit ins Ausseerland! Hier geht’s in die Welt von Franz Gasperlmaier.

„Beruflich kenne ich keine Tabus und keine Scheu: Wo immer man eine Leiche findet, da findet man auch mich.“ – Siggi Seifferheld im Interview

Siggi Seifferheld, der charmante Ex-Polizist und Frühpensionist, kommt einfach nicht zur Ruhe. Und das ist auch gut so: Tatjana Kruse, Königin der Krimödie, schenkt ihm mit „Strippen statt sticken!” ein neues Abenteuer, welches Siggi direkt in einen Swingerclub führt – und uns Lachtränen in die Augen treibt. Für uns konnte sich der vielbeschäftigte Ermittler ein paar Minuten freischaufeln, um über seinen bisher schlüpfrigsten Fall zu sprechen. 

 

Hallo Siggi! Wir freuen uns, dass du Zeit für ein Interview mit uns findest. Du bist ja eigentlich im Ruhestand, aber kann es sein, dass du als Frührentner noch weniger zur Ruhe kommst als im aktiven Polizeidienst?

Wenn man so aktiv war wie ich, kann man nicht so einfach von hundert auf null zurückfahren, nur weil man jetzt eine inoperable Kugel in der Hüfte hat. Wann immer in Hall ein Verbrechen passiert, juckt es mich in den Knochen und ich muss los – so schnell es mir meine Gehhilfe erlaubt.

Foto: © Jürgen Weller

Du bist nicht nur ein leidenschaftlicher Sticker, sondern hast sogar eine Männersticker-Radio-Kolumne. Wie bist du zu diesem besonderen Hobby gekommen und was macht dir daran so viel Spaß?

Jetzt muss ich beichten: Anfangs fand ich meine Leidenschaft fürs Sticken, zu der ich nach der Frühverpensionierung durch einen alten Stickrahmen meiner verstorbenen ersten Frau fand, ein bisschen peinlich. Gestandene Männer sticken doch nicht. Das dachte ich zumindest als Kleinstadtbewohner meiner Generation. Aber irgendwann fragte ich mich: Warum nicht? Auch echte Kerle dürfen sticken – sie tun es nur ohne Fingerhut! Je offensiver ich mit meinem Hobby umging, desto mehr Erfolg hatte ich. Der Rest ist Geschichte.

In „Strippen statt sticken!“ heißt es für dich: „Weg mit der Sticknadel und ab in den Swingerclub“. Wie war es für dich, an diesem doch recht ungewöhnlichen Ort zu ermitteln – und das ausgerechnet in einer Kleinstadt wie Schwäbisch Hall?

Ich muss zugeben, in einem Swingerclub war ich als Privatmensch noch nie. Aber beruflich kenne ich keine Tabus und keine Scheu: Wo immer man eine Leiche findet, da findet man auch mich.

Aufgrund deiner Ermittlungen wurdest du von der Lokalpresse vor dem Swingerclub fotografiert. Hättest du je gedacht, mal solche Schlagzeilen zu verursachen?

Klar, dass ich von den Jungs meiner VHS-Männerkochkurs-Truppe aufgezogen wurde. Und klar auch, dass meine ältere Schwester Irmi das nicht lustig fand, von wegen Renommee der Familie und so. Aber kleine Skandälchen zwischendurch sind ja die Würze des Lebens. Und je älter ich werde, desto mehr prallt an mir ab, was andere von mir denken.

Jetzt mal ehrlich, Siggi: Glaubst du, du kannst das Schnüffeln jemals lassen und deine Zeit vollkommen dem Sticken und deiner Familie (inklusive Hund Onis) widmen? Oder würde dir da in Wahrheit ein kleines bisschen langweilig werden? 

Man muss sich nützlich machen, sonst setzt man Moos an. Ich ermittle, solange mich meine Gehhilfe noch trägt. Versprochen!

Rabenschwarz, rasant und unglaublich wortwitzig: „Strippen statt sticken!” von Tatjana Kruse.

 

Seifferhelds Freund und Ex-Polizeikollege Dombrowski (der von der Sitte!) hat Sorgen. Sein Neffe ist nämlich in einen alles andere als sittlichen Fall verwickelt: Der Schriftsteller weilt gerade dank des Comburg-Stipendium im schönen Schwäbisch Hall. Weil man aber nicht immer nur arbeiten kann, sondern auch etwas Abwechslung und Inspiration braucht, hat Dominik Dombrowski einen privaten Swingerclub aufgesucht – rein aus Recherchegründen, versteht sich. Hüstel. Dort verbringt er einen sehr vergnüglichen Abend mit einer jungen Frau. Doch als er mitten in der Nacht in einem der Nebenzimmer aufwacht, liegt die Frau erdrosselt neben ihm.

 

Mehr Infos zu dem Buch gibt es hier.