Mit Nadel, Faden und Pistole: Siggi Seifferheld ist zurück!

Schwäbisch Hall. Ein malerisches Städtchen wie aus dem Bilderbuch. Mittelalterliches Flair, eine historische Altstadt, freier Internetzugang – es könnte alles so schön sein. Und so ruhig. Siggi Seifferheld, Ex-Kommissar im unruhigen Ruhestand, wünscht sich gemütliche Stunden mit seiner Liebsten Marianne und seinem Hund Onis, der auch nicht mehr der Jüngste ist. Aber ein wildes Welpenrudel, ein Gesangsprojekt der Jungs vom Männerkochkurs und ein russischer Mafiaboss machen ihm einen Strich durch die Rechnung.

Einer von den Guten

Siggi Seifferheld hat sich vor Jahren eine Kugel in der Hüfte eingefangen – dienstlich. Aber auch, wenn er damals nicht in den Vorruhestand versetzt worden wäre, wäre er jetzt wohl nicht mehr im Dienst – denn jünger wird er nicht. Aber trotz Gehhilfe und nachlassender Blasenkapazität ist er ausgesprochen umtriebig: Das Schnüffeln kann er sowieso nicht lassen – einmal Wadenbeißer, immer Wadenbeißer -, die Jungs vom Männerkochkurs halten ihn auf Trab, seine Frau Marianne sowieso, er verfasst für das Haller Tagblatt regelmäßig den Polizeibericht und jetzt hat er auch noch ein ganz spezielles Ehrenamt übernommen.

Hinter Gittern wird gestickt.

Knaststickkränzchen mit Ex-Kommissar

Seit kurzem leitet Siggi nämlich einen Stickkurs in der Haftanstalt Schwäbisch Hall. Der begeisterte Sticker – mit eigener Sendung für stickende Männer im Radio – ist Experte und damit bestens für diese Aufgabe geeignet. Mit von der Stickpartie sind: Kurt, ein zottelhaariger Ex-Junkie, der wegen leichter, aber wiederholter Beschaffungskriminalität einsaß und im Knast zu Gott gefunden hatte; Saiid, ein zartbitterschokoladenbrauner Somali, von dem es hieß, er sei Pirat gewesen, der jetzt aber an den Rollstuhl gefesselt war, warum, das wusste keiner; Trân, ein winziger Vietnamese, der einen Schmuggelring geleitet hatte; Murat, eine Seele von Mensch, der erstaunlich echt wirkendes Falschgeld in großen Mengen produziert und unter die Leute gebracht hatte; und Pjotr, der greise Russenmafioso, der mit seinem weißen Vollbart und den buschigen weißen Augenbrauen wie ein wohlwollendes Großväterchen wirkte.

Aber selbst dieser harmlose Haufen – der Fromme, der Fette, der Nette, der Zwerg, der Rollstuhlfahrer und der Greis – bekam jeweils nur eine einzige, stumpfe Sticknadel ausgehändigt. Um das Risiko zu minimieren.

Hovawart Onis ist wenig erfreut: Ein Welpenkindergarten überrennt das Seifferheldhaus.

Seifferheld hat es nicht leicht

Doch nicht nur in der Haftanstalt, sondern auch in Seifferhelds Zuhause hat er das Vergnügen von illustren Runden. Seine Frau hat einen Welpenkindergarten eröffnet – für Welpen mit besonderen Bedürfnissen, will heißen: Welpen, die aus Mischbeziehungen stammen. So hatte beispielsweise der Pickel, der eigentlich Bruno hieß und der Sohn eines Pitbulls und einer Dackelhündin war, die kurzen Beinchen seiner Mutter, aber den stämmigen Schädel seines Vaters geerbt. Er brauchte ein völlig anderes Training, nämlich vor allem das der Nackenmuskulatur, als beispielsweise die Bichogge, das Kind der Liebe einer Dogge und eines Bichon Frisé, mit ihren langen Giraffenbeinen und der wild wuchernden Pilzkopffrisur. Oder als der Schnudel (Schnauzer und Pudel) mit seiner geländegängigen Körperform beziehungsweise der kleine, stämmige Chips (Chihuahua und Mops).

Und als wäre all das nicht genug, hat auch noch Kläuschen eine seltsame Idee geboren:

Die Männerkochkursgruppe soll jetzt singen – und eine Platte mit den schönsten Kochliedern aufnehmen. Und Siggi tut sich schrecklich schwer damit, dem euphorischen Klaus einen Wunsch abzuschlagen …

Markenzeichen der Seifferheld-Reihe: Der Gartenzwerg.

Seifferheld taucht ab

Seifferheld hat ja wirklich schon viel erlebt. Tote Galeristen, konkurrierende Stricker, ermordete Schauspielerinnen, Undercoverermittlungen im indischen Kochkurs – all das kann einen erfahrenen Kommissar nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Aber diesmal ist alles anders. Denn diesmal verschwindet Seifferheld von der Bildfläche. Bei einem Gassigang mit Onis – denn auch dessen Prostata ist nicht mehr die jüngste, beobachtet er, wie Häftling Pjotr von zwei Beamten in eine Klinik gebracht werden soll. Zwei verdächtige Männer beobachten die beiden. Und dann passiert es:

Die Beamten riefen unisono: „Scheiße!“
Seifferheld rief: „Rauchgranate!“ Reflexartig zog er Onis weg von der Dose und in Sicherheit.
In diesem Moment zog der Muskelmann zwei Taser aus seinen Anzugjackentaschen. Er taserte mit der einen Hand den Beamten, der Pjotr am Ellbogen hielt, um nur einen Sekundenbruchteil später mit einem zweiten Taser den anderen Beamten, dessen Hand schon zur Waffe gefahren war, wenn auch zu langsam, außer Gefecht zu setzen. Zuckend gingen die beiden zu Boden. Wo sie bestimmt noch eine Weile vor sich hinzuckten, was man aber nicht sehen konnte, weil die Nebelbombe jetzt – besser spät als nie – anfing, eine unglaubliche Menge an blickdichtem Rauch zu produzieren.
Pjotr, dieser Greis mit dem gütigen Weihnachtsmannvollbartlächeln, sah Seifferheld fassungslos an. Der wiederum wurde von dem Muskelmann kräftig in die offenen Eingeweide des Geländewagens gestoßen, wobei Siggi der Gehstock entglitt und auf den Pflasterboden fiel.
Siggi quietschte unwillkürlich auf, als er in den unnachgiebigen Armen eines dritten Fremden landete.
Onis sprang seinem Herrchen instinktiv hinterher. Der Muskelmann wollte nach der Leine greifen und den Hund wieder aus dem Wagen zerren, aber der junge Mann am Steuer rief ihm auf Russisch etwas zu, woraufhin der Ungeschlachte den Greis in den Wagen hob, hinterhersprang und die Tür zuknallte. Und schon schoss der Geländewagen in einem Affenzahn rückwärts auf die Haalstraße und bretterte gleich darauf mit Karacho durch die Innenstadt.
In einem spektakulären Husarenstück hatte man Pjotr … tja, was genau? Befreit?
Entführt?
Nur eins stand felsenfest: Seifferheld und Hund Onis waren zu Geiseln geworden!

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Ein Muss für alle Seifferheld-Fans und für alle zukünftigen Seifferheld-Fans sowieso: Mit Wortwitz und Drive lässt Tatjana Kruse diesmal die Seifferheld-Mischpoke ermitteln: Seine liebe Frau Marianne, seine kratzbürstige Schwester Irmgard, Tochter Susanne und Nichte Carina, Nicht-Putzfrau Olga, die Jungs vom Kochkurs und die ehemaligen Kollegen machen sich auf die Suche. 

Die Königin der Krimödie kombiniert meisterinnenhaft rasante Krimihandlung mit Wortwitz und den schrulligsten Figuren der deutschsprachigen Krimilandschaft. Deshalb ist die Seifferheld-Reihe einer der beliebtesten im deutschsprachigen Raum, dafür lieben ihre Fans Tatjana Kruse seit der allerersten Seifferheld-Stunde, und darüber dürfen sie sich jetzt endlich wieder freuen!

Ein trinkfestes Doppel: Gucki Wurm und ihr Spitz(-enermittler) Turrini

Die Mühlviertler Powerfrau Gudrun (Gucki) Wurm und ihr trinkfreudiger Spitz Turrini lösen in „Turrinis Hirn“ ihren mittlerweile sechsten Fall. Auch diesmal ist echtes Teamwork gefragt, um einen Mörder, der seine Opfer mit Hundehalsbändern stranguliert, zur Strecke zu bringen. Grund genug, sich das unzertrennliche Duo einmal genauer anzusehen!

Er steckt hinter dem kongenialen Duo: Franz Friedrich Altmann. Foto: Rainer Kocher

Die Dame mit dem Hündchen

Wenn man über die Gucki und den einzig wahren Mann in ihrem Leben was erzählen will, tut man sich schwer mit passenden Vergleichen, weil die zwei eigentlich ziemlich einzigartig sind. Es fängt schon damit an, dass der Lebensmensch von der Gucki gar kein Mensch ist, sondern ein Hund. Gut, Kriminalfälle lösende Mensch-Hund-Zweigespanne gibt es eh viele, aber zu Kommissar Rex oder Tim und Struppi ist es doch ein himmelweiter Unterschied.

Journalistin mit kriminalistischer Ader

Erstens ist die Gucki keine Kommissarin – bei der Polizei würd sie es auch gar nicht aushalten, mit so depperten Kollegen wie dem Otto Rammer –, sondern Redakteurin bei den Mühlviertler Nachrichten. Genauer gesagt bildet sie gemeinsam mit der Renate, ihrem Mädchen für alles, die Redaktion dieses Glanzstücks provinziellen Journalismus. Dabei hat die Journalistin eindeutig das Zeug zur Ermittlerin:

„Für diejenigen, die die Gucki noch nicht kennen, muss man jetzt vielleicht dazusagen, dass sie einen Meter fünfundachtzig ist und hübsch ein Schmalz hat.“

Blitzgescheit ist sie auch noch, und obendrein kann sie es beim Tarockieren und Saufen locker mit jedem Mannsbild aufnehmen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie es noch mit keinem Mann länger als ein paar Tage ausgehalten hat. Wobei:

„Die einzige Ausnahme war ein gewisser Zellner Andi. Hat aber nach fünf Wochen auch aufgegeben. Hat keine Schuhe mehr gehabt. Weil der Turrini alle Schuhe vom Andi zerlegt hat. Hat seinen Konkurrenten praktisch hinausgebissen.“

Im Prinzip kommt die Gucki aber sowieso ganz gut ohne Mann zurecht, und wie sie an ihrer alten Schulfreundin Sabine und ihrem Karli sehen kann, schafft das Eheleben mehr als genug Probleme, die man mit einem Hund sicher nie hat.

Spitz Turrini kann fast alles. Sogar selber Jägermeister-Flascherln aufmachen. Wer den Schnaps hat, braucht für den Spitz nicht zu sorgen.

Spitz auf Jägermeister

Zweitens ist der Turrini eben kein Schäferhund, sondern ein Spitz, und hat noch dazu einen sehr komischen Namen für einen Hund. Wie es dazu wohl gekommen ist? Eine lange Geschichte, die am besten ganz von vorn erzählt wird:

„Also: Vor siebzehn Jahren hat sich die Gucki vom Leo Höller einen Hund andrehen lassen. Mit der Mitleidstour: Sonst landet er im Tierheim! Hat die Gucki den Hund Turrini getauft. Weil sie damals grad an ihrer Diplomarbeit Sentimentale Motive im Dramatischen Werk von Peter Turrini geschrieben hat. Und weil der Hund dem Theaterdichter wirklich total ähnlich geschaut hat: ein bisserl kleiner, ein bisserl fester, dafür aber umso temperamentvoller.“

Wäre also geklärt, warum der Turrini Turrini heißt und nicht Rex, Struppi, Fifi oder Waldi. Wobei er zum Wald sozusagen einen ganz besonderen Bezug hat. Der Turrini ist nämlich eine Art Jagdhund, weil er dem Jägermeister – also dem Schnaps – zugetan ist. Das war jetzt eine Anspielung auf dem Turrini sein Parade-Kunststück. Hat ihm der Leo Höllerer beigebracht:

„Das geht so: Der Leo bestellt einen Jägermeister und stellt ihn dem Turrini vor die Schnauze. Der klemmt das Flascherl zwischen die Vorderpfoten und kletzelt den Schraubverschluss mit den Zähnen auf. Dann schnappt er das Flascherl mit den Vorderzähnen und lässt den Jägermeister in seine Gurgel rinnen. Zum Schluss stellt er das Flascherl wieder ordentlich auf die Bar. Normalerweise sagt dann der Leo: ‚Bravo, Turrini!‘“

Wieso „normalerweise“? Was passiert denn hier, das normalerweise nicht passieren sollte? Das wird an dieser Stelle noch nicht verraten, aber so viel sei angedeutet: Auch am besten Hund geht die Zeit nicht spurlos vorüber, und irgendwann muss auch ein Jägermeister in die ewigen Jagdgründe eingehen …

Franz Friedrich Altmann: Turrinis Hirn.

 

 

Lust auf eine rasante und alkoholschwangere Verbrecherjagd vor der idyllischen Kulisse des Mühlviertels? Na dann wurde „Turrinis Hirn” quasi für dich geschrieben! Hol dir jetzt Gucki & Turrinis sechsten Fall und stürze dich in einen Kriminalfall, der alles ist, nur nicht konventionell.

Andrej Kurkow über seinen neuen Roman „Kartografie der Freiheit“

Drei junge Paare aus Litauen wollen in Andrej Kurkows „Kartografie der Freiheit“ den europäischen Traum von einer besseren Zukunft zum Leben erwecken. Schnell holt sie jedoch die schmerzhafte Realität ein – entgegen dem Ideal eines Europas ohne Grenzen spalten sich Union und Gesellschaft in vermeintlich „alte“ und „neue“ Europäer. Plötzlich finden sich die jungen Paare als Fremde an den gesellschaftlichen Rand und in den finanziellen und persönlichen Ruin gedrängt. Warum es für den Autor auch zwei Arten von Europäern gibt und warum er von dem Land Litauen so fasziniert ist, erzählt er in seinem Nachwort.

Auszug aus „Kartografie der Freiheit“:

Flüchtlinge sind in den letzten Jahren in Europa zu einem zentralen Thema geworden. Immer wieder wurde die Befürchtung geäußert, Europa könne daran zerbrechen. In meinem Roman geht es nicht um Flüchtlinge. In meinem Roman geht es um Europäer, die den Wegfall der Grenzen und die europäische Zusammengehörigkeit ernst nehmen. In meinem Roman geht es um junge Leute, um Litauer, die die Rückkehr ihres Landes nach Europa als ein Signal verstehen, das „europäische Glück“ zu suchen und zu finden, als Anlass, in dem europäischen Traum „aufzugehen“: in Paris, London, Venedig und anderswo. Der europäische Traum war nie so konkret wie der American Dream. Ihn zu verstehen und zu ergründen, steht noch aus. Nicht nur für die Figuren in meinem Buch, sondern für uns alle. Warum geht es in meinem Buch um Litauen und die Litauer? Weil der einstmals größte Staat Europas – das Großfürstentum Litauen – heute ein kleines Land am Rand der Europäischen Union ist, das die anderen Europäer aus Mangel an Zeit übersehen. Im „alten Europa“ nennt man die Litauer oft in einem Atemzug mit Bosniern, Serben, Bulgaren, Polen und Ungarn und impliziert, diese Migranten seien eigentlich gar keine richtigen Europäer, auch wenn sie aus Mitgliedsländern der Europäischen Union kommen. Das „neue“ – östliche – Europa ist für die Bewohner des „alten“ Europas nach wie vor etwas nicht ganz Dazugehöriges, Unverständliches, beinahe Fremdes. Das hat auch damit zu tun, dass man viel Zeit investieren und sich mit der Geschichte und Kultur der Länder auseinandersetzen muss, wenn man dieses Europa, das so neu eigentlich gar nicht ist, verstehen will. Litauen ist nur eines dieser Länder. Bevor ich „Kartografie der Freiheit“ geschrieben habe, bin ich zwölf Jahre lang nach Litauen gereist. Jahr für Jahr, mehrere Male. Ich wusste am Anfang nichts. Irgendwann war ich unheimlich fasziniert von diesem unglaublich interessanten Land, seinem Volk, seiner Geschichte und Kultur. Ich lernte Litauisch, um noch besser zu verstehen, wie die Menschen denken. Länger als alle anderen Völker in Europa waren die Litauer Heiden. Die Black Boxes für die sowjetischen Flugzeuge wurden nur in Litauen hergestellt. Ich frage mich immer noch, ob diese beiden Tatsachen etwas miteinander zu tun haben. Mehr als andere Länder leidet Litauen unter dem europäischen Traum: Mehr als 30 Prozent der Bevölkerung sind auf der Suche nach dem europäischen Glück ins alte Europa ausgewandert, haben ihre Heimat verlassen, aber nicht vergessen. Die Osteuropäer träumen noch von einem Europa, in dem sie satt und glücklich sind und von Unheil verschont bleiben.

Andrej Kurkow wohnt in Kiew und beherrscht insgesamt elf Sprachen, unter anderem Litauisch. Foto: Fotowerk Aichner

Die Bewohner des alten Europas haben sie etwas Banales, Altmodisches und Lästiges, das ihren Erwartungen und Hoffnungen nicht gerecht geworden ist. In meinem Roman gibt es sozusagen zwei Europa: das alte und das neue und damit natürlich auch zwei Gruppen von Europäern. Die einen glauben an Europa und knüpfen all ihre Hoffnungen daran, die anderen leben einfach in Europa, ohne es bewusst wahrzunehmen. Diese beiden Europa werden in meinem Roman von den Gedanken und Wanderungen einer mir sehr wichtigen Figur verbunden: von Kukutis. Er ist weniger realistisch als die anderen Protagonisten. Halb mythische Figur, halb Mensch, stolzer Besitzer von sechs Pässen, hat er den Ersten Weltkrieg miterlebt und den Zweiten als Augenzeuge erlebt.

Er folgt den jungen Litauern, die ihr Land verlassen haben, und weiß schon vor ihnen, wo und wann ihnen ein Unglück zustoßen wird. Kukutis ist unterwegs, um ihnen zu helfen, weiß aber, dass er nie rechtzeitig zur Stelle ist. Und das ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass er im Ersten Weltkrieg ein Bein verloren hat und nun mit einem gesunden Bein und einer Holzprothese nicht besonders schnell vorwärts kommt. Er ist die gute Seele all jener Litauer, die ihre Heimat verlassen haben. Aus der eigenen Erfahrung kennt er noch die Zeit, als West- und Osteuropa ein Ganzes, einfach Europa waren. Das ist für ihn bis heute so. Wie auch für mich, den Autor.

Ich habe den Roman 2012 zu schreiben begonnen. 2013 wollte die ukrainische Regierung den europäischen Weg nicht fortsetzen und dem Volk den europäischen Traum nehmen. Die Menschen in der Ukraine haben daraufhin eine Revolution gestartet und eine neue Staatsmacht gewählt, die das Land wieder auf europäischen Kurs gebracht hat. Wegen der Ereignisse von 2013/2014 habe ich die Arbeit an dem Roman unterbrochen. Erst 2015 konnte ich weiterschreiben. Ich war und bin bis zum heutigen Tag gleichzeitig Europa-Optimist und Europa-Realist. Vielleicht hat deswegen mein Roman nichts von einem Märchen.

Andrej Kurkow

 

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Kurkow muss nicht böse oder radikal sein, um mitten ins Herz zu treffen.“
Der Stern, Annett Klimpel

„Spannung, Einfühlung, Witz und Zynismus“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Hannes Hintermeier  (aus den Pressestimmen zu „Der wahrhaftige Volkskontrolleur“)

„Ich werde wahrscheinlich bis zum letzten Atemzug arbeiten.“ Michael Krüger im Videointerview

Michael Krüger erzählt von verschiedenen Arten von Flucht in seinem neuen Roman: der Flucht aus dem Leben, der Flucht in ein Leben, der Flucht voreinander, der Flucht zueinander, nicht zuletzt auch von der Flucht vor dem Ruhestand. Und er zeichnet wie nebenbei das wunderliche Gesicht der Gegenwartsgesellschaft – melancholisch und hochkomisch, resignativ und unverbesserlich hoffend.

Der Schriftsteller, Verleger und Herausgeber feiert seinen 75. Geburtstag – und findet die Vorstellung, nichts mehr zu tun, aberwitzig.

Der Erzähler deines Romans „Vorübergehende“ ist ein Getriebener – weshalb flieht er den beschaulichen, schönen Lebensabend?

Ja, das ist eine eigene Erfahrung. Ich weiß eben nicht, was ist ein schöner Lebensabend? Ich bin ja nun auch nicht mehr der jugendliche Held und habe mich immer gefragt … Die Vorstellung, nichts mehr zu tun, ist so aberwitzig. Das heißt, es ist ein Ethos, dass man immer weitermacht. Das steckt irgendwie in einem drin. Würde ich Boule spielen oder Skat oder so etwas, dann würde ich abends ins Gasthaus gehen und spielen. Aber ich kenne das nicht, kann das nicht. Ich werde wahrscheinlich bis zum letzten Atemzug selber immer arbeiten. Und natürlich ist das eine Projektion auf diesen Mann, der immer aufhören will, vor allem weil er eine Arbeit macht, die er durchschaut hat. Weil er sieht, dass Menschen, die sich nach dieser Idee von Arbeit richten, natürlich auch viel zugrunde richten. Wir haben den Fall ja überall in der Politik: Einer kann nicht loslassen. Im Theater, überall. Es gibt Intendanten, die nach fünf Jahren aufhören, und es gibt Intendanten, die bis zum letzten Blutstropfen unbedingt Theaterleiter sein wollen. Und ein bisschen von dieser Ausweglosigkeit zwischen dem einen Extrem und dem anderen steckt in dieser Person. Er ist ja Coach. Das heißt, er geht durch die Welt und versucht, den Leuten klar zu machen, wie sie Schwächen schwächen und Stärken stärken. Eine uralte, nicht besonders originelle Form der Unternehmensberatung, die aber nach wie vor und bis heute in vielen Unternehmen angewandt wird. Warum kann man sich nicht verbessern in der Arbeit, in Abläufen etc.? Und nur weil man alt ist, kann man ja den Tod nicht überlisten. Man kann also die Zeit vor dem Tod Schwächen schwächen, Stärken stärken … Das haut nicht hin. Das heißt, er kann nur eins machen, er kann so weitermachen wie bisher, um auf diese Weise dem Tod mitzuteilen: Bei mir hast du nichts zu suchen, es geht bei mir weiter. Aber das ist natürlich eine Selbstlüge und ein Selbstbetrug. Ein bisschen etwas von diesem Problem wollte ich in diesem Buch verhandeln.

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Und dieser Coach glaubt also, dass er seinem Leben Sinn geben kann, wenn er einem unbekannten Mädchen hilft?

Ja, das ist … da steckt natürlich eine lange Überlegung, die jetzt gar nichts mit dem Roman zu tun hat, aber die in dem Roman verhandelt wird, drin. Nämlich – das ist ja ein Mensch, der die Sprache des Erzählers nicht kann, mehr oder weniger stumm sitzt sie ihm gegenüber – und die Frage ist: Wie gehen wir mit dem Fremden um? Was machen wir mit dem Fremden? Wir können natürlich sagen, wie in vielen Ländern mittlerweile, wir machen die Grenze dicht und die sollen bleiben, wo der Pfeffer wächst. Aber das ist natürlich die peinlichste Art und Weise, mit Menschen umzugehen, die nicht die eigene Sprache sprechen, den eigenen kulturellen Hintergrund haben, die die gesellschaftlichen Codes nicht kennen und so weiter. Deshalb dachte ich mir, das ist ganz gut, dass so einer, der immer auf den richtigen Effekt hin sein Leben organisiert hat, der wird plötzlich von einer Sprachlosen überrumpelt. Er, der alle Probleme zu verbalisieren gelernt hat … Das war sein Leben: „Wo ist das Problem? Wir müssen es besprechen und dann machen wir eine bessere Lösung.“ Aber ich bin nicht der Meinung, dass in ganz substantiellen Fragen der Gesellschaft wirkliche Verbesserungen zu machen sind. Wir sind eben sehr sterbliche und sehr randständige Figuren und haben uns gerade einmal so eingerichtet, dass jetzt für ein paar Jahrzehnte Frieden war. Aber wir tun so, als sei das die höchste Form des Zusammenlebens überhaupt. Und ich glaube überhaupt nicht daran. Und ich bin sehr davon überzeugt, dass das Fremde, wenn es bei uns selbst einbricht, uns noch einmal zu einem ganz anderen Leben verführen könnte. Das heißt, wir könnten nachdenken und mit denen etwas entwickeln, was zu unser aller Nutzen ist und der ganzen Welt nutzt, weil man etwas jetzt vormachen könnte. Stattdessen haben alle Angst, machen die Grenzen zu, schotten sich ab, wollen nichts damit zu tun haben und tun so, als lebten wir in Europa auf einer Insel der Seligen, die nicht von Unbefugten betreten werden darf. Dieses Schild: „Für Unbefugte Betreten verboten!“ Das ist so ganz gegen meine Haltung im Leben. Und ich finde: Wenn ein bisschen von diesen Problemen in dem Buch vorkommt, dann hat es schon seine Schuldigkeit getan.

Und so hat auch der Erzähler etwas von der Unbekannten Jara zu lernen?

Ja, die ist ja in dem Buch eine Zeichnerin. Die ist zunächst einmal jemand, der auf einem weißen Blatt Papier eine Welt erfindet. Die kommt in eine Welt – nämlich die Welt des Erzählers –, eine hoch gerüstete, elaborierte Welt, in der es alles gibt und wo Reisen kein Problem ist und Pass und Altersversicherung inklusive. Und sie hat gar nichts und bekommt von ihm weißes Papier geschenkt, und dann malt sie eine Welt. Und diese Welt ist weit davon entfernt, eine ideale zu sein, aber es ist doch eine, die nur ihr gehört. Und die durch keinen – durch keine Erziehung, durch keine Reglementierung, durch keine Schule, Universität oder sonst irgendwas, Familie – beeinflusst ist; das ist ihre Welt, die sie, so gut sie kann, aufs Papier bringt. Und ganz offensichtlich ist sie so begabt, dass tatsächlich etwas entsteht, was eine andere Welt darstellt. Ich bin natürlich immer versucht, – selber – mir vorzustellen, was eigentlich auf den Blättern ist. Ich würde wahnsinnig gerne haben, dass jemand das einmal ernst nimmt und sagt: „Ich lese dieses Buch und werde mir jetzt einen Block anschaffen und einmal versuchen, ob ich etwas auf das Papier bekomme, was sozusagen äquivalent ist zu dem, das diese Jara macht.“ Denn die meisten von uns haben ja viele Probleme, die sie nicht bewältigen können. Aber vielleicht ist das … Das klingt jetzt ein bisschen hochtrabend, ich meine es aber ganz konkret, simpel. So, wie man … – glaube ich – sich besser erfährt, wenn man alle Texte, die man sehr liebt, mit der Hand abschreibt: Alle Gedichte, die man gernhat, in ein Buch „Gedichte“. So entsteht eine eigene Welt in der Zusammensetzung. Und so, denke ich mir, ist dieses, dieses große Projekt von dieser Jara, die keiner kennt, die keine Geschichte hat, keiner weiß, wo die genau herkommt – irgendwo vom Balkan. Keiner weiß, wo die Mutter ist, es gibt keinen Pass, es gibt gar nichts. Man weiß nicht einmal ein Geburtsdatum. Aber … Ich glaube, man würde sehr viel von ihr erfahren, wenn man diese Zeichnungen angucken würde. Und all diese Sozialarbeiter, die da immer kommen und fragen: „Was machen wir denn mit dem Mädchen?“ Die gucken natürlich nie die Zeichnungen an – die würden sagen: „Sie sind wohl verrückt geworden. Was sollen wir denn hier die Zeichnungen angucken? Das hat doch … Ich brauche Beweise, dass die irgendwoher kommt.“ Kurzum: Ein bisschen etwas von dieser Idee ist ja in der Umschlagzeichnung realisiert, aber ich glaube eben: Es ist eine Tragödie für den Menschen, dass er vom ersten bis zum sechsten oder zehnten Schuljahr – Kindergarten und so weiter – Zeichnungen macht – und dann nie mehr. Nie mehr! Und es ist so billig, man kann sich einen Block kaufen und anfangen … Keiner macht das. Warum?

Vorübergehende. Ein Roman, der im Gedächtnis verweilt.

 

 

Ein erfolgreicher Mann vor dem Ruhestand auf der Suche nach dem Sinn seines erschreckend gelungenen Lebens: Hier trifft einer, der alles hat und doch nur die Leere kennt, auf eine, die gar nichts hat, und dennoch an Leben ungleich reicher ist. Diese Konstellation schildert Michael Krüger mit der größten Lust, davon abzuschweifen. Denn wenn sein Erzähler seine Gedankenfahrt aufnimmt, bleibt keiner geschont: nicht die Menschen um ihn herum, nicht die deutschen Landsgenossen, am wenigsten er selbst.

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„Das Prinzip ist aus der Realität gegriffen.“ – David Fuchs im Videointerview

Wir haben dem Autor und Onkologen David Fuchs einige Fragen zu seinem Erstlingswerk gestellt. Er erzählt uns von seltsamen Krankenhaustraditionen, der Leichtigkeit der Realität und wie er den FM4-Wortlaut-Wettbewerb gewonnen hat.

Hier findet ihr einige Auszüge und das gesamte Interview mit David Fuchs in zwei Videos direkt darunter.

Dein Roman erzählt eine berührende Geschichte ohne jede Rührseligkeit. Woher kommt diese Leichtigkeit?

Die Leichtigkeit kommt wohl auch ein bisschen aus der Realität einer onkologischen Station oder dieses Bereichs, weil auch im echten Leben dort nicht alles schwer und traurig ist, sondern auch Lachen und Freude ihren Platz haben. Und das konnte auch im Roman dann nicht anders sein. Schon von selber, aber ich habe auch aktiv darauf geachtet, nicht alles bleischwer werden zu lassen.

David Fuchs im Interview

Sind bei euch die Schwestern oder die Oberärzte lustiger?

(lacht) Wenn ich jetzt Oberärzte sage, dann brauche ich wahrscheinlich nicht mehr in die Arbeit kommen, aber ich glaube, das ist personenabhängig, sagen wir es so.

Defibrillierte Schweine, grillende Oberärzte, Eis aus Urinproberöhrchen – haben alle Krankenhäuser solche Parallelwelten?

Alle die ich kenne, ja. Also es gibt überall diese kleinen Skurrilitäten, kleinen Eigenheiten, kleinen Traditionen. Und wenn auch nicht alles, was im Roman vorkommt, auch aus der Realität gegriffen ist, das Prinzip ist es schon. Und das macht die Umgebung ein bisschen charmanter – sowohl in der Realität als auch in der Fiktion.

Für einen Auszug aus deinem Roman wurdest du mit dem FM4-Wortlaut ausgezeichnet. War damals bereits ein ganzer Roman geplant?

Ja, also diese beiden Protagonisten des Romans, Ben und Ambros, die gab es schon, es gab auch schon einiges an Text zu diesem Zeitpunkt. Und ich habe dann für diesen Wettbewerb eine eigene Geschichte, aber mit diesem Personal sozusagen geschrieben. Also ja, es war schon klar, dass das ein längerer Text wird, ein Roman wird.

War auch von Anfang an klar, dass sich die Geschichte um zwei Männer drehen würde?

In den allerallerersten Entwürfen war das schon klar. Es hat sich ein bisschen verändert, die Namen, aber auch das Verhältnis. Also da habe ich verschiedene Dinge probiert, auch ein Verwandtschaftsverhältnis. Letztlich war mir dann eine sehr enge Beziehung zweier männlicher Figuren wichtig, aber das musste auch eine körperliche Beziehung sein. Und dann ist als Logischstes aller dieser Dinge die Liebesbeziehung übriggeblieben – und dann auch geworden.

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Eine zärtliche Liebe unter ungewöhnlichen Umständen.
Als angehender Arzt absolviert Benjamin ein Praktikum auf der Krebsstation. Dass er dort ausgerechnet auf seine Jugendliebe Ambros trifft, hätte er sich nicht träumen lassen. Ambros wird als Patient behandelt, sein Körper ist voller Metastasen. Inmitten des Krankenhausalltags nähern sich die beiden behutsam wieder aneinander an. Zwischen resoluten Krankenschwestern und röchelnden Zimmernachbarn, jovialen Oberärzten und unbelehrbaren Notfallskandidaten ist ihnen bewusst, dass es die Augenblicke sind, die ihnen bleiben …

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„Der Mensch muss gepackt werden und mitfiebern können!“ – Videointerview mit Joe Fischler

Wir haben Joe Fischler zum Interview gebeten, wo er uns erzählt hat, was Innsbruck zur perfekten Krimikulisse macht, wie kritisch ein Kriminalroman sein muss und warum sich seine Veilchen-Krimis ideal verfilmen ließen.

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Hier findet ihr das Interview in Auszügen zum Nachlesen:

Mit welchen zwei Eigenschaften würdest du deine Veilchen-Romane beschreiben?

Außergewöhnlich, weil sie sich vielleicht ein bisschen von üblichen sogenannten Regionalkrimis unterscheiden und urbaner sind und mehr einen ernsthaften Hintergrund haben mit einem recht ausgefallenen Personal. Und vielleicht auch frisch, nachdem ich ganz frisch in dieses Krimi-Segment reingekommen bin, einen ganz neuen Ansatz dafür gehabt habe und neu auf dieses Metier habe zugehen können.

Hat Valeries Spürnase etwas mit ihrer schwierigen Vergangenheit zu tun?

Ich glaube, dass die Summe der Erfahrung, die ein Mensch im Laufe seines Lebens macht, sich sehr wohl auf das auswirkt, wie er sich dann bestimmten Herausforderungen stellt und wie er damit umgeht. Für Valerie ist natürlich die Backstory sehr wichtig, ihre Tochter, die sie so vermisst, weil sie sie nie kennengelernt hat, sorgt dafür, dass ihre Energie und ihre Leidenschaft dann in andere Kanäle gehen, zum Beispiel in diesen Sinn für Gerechtigkeit und die Verbrecherjagd und so weiter. Das ist am Anfang ganz bestimmend für sie, und im Laufe der Serie klärt sich dann ja auch vieles auf, das heißt, man kann am Beginn einer solchen Krimiserie manche Anker werfen und die dann im zweiten, dritten Band mal wieder ansprechen und das ist natürlich auch sehr praktisch, wenn die Backstory sich dann sogar mit aktuellen Ereignissen verknüpfen lässt. Mir ist es sehr wichtig, […] dass man nicht mit einer unbeschriebenen Figur losstartet, sondern dass man wirklich jemanden hat, der sein Päckchen zu tragen hat und im Laufe der Zeit etwas dazu bekommt, und wieder etwas loswird, und so für den Leser auch immer ein Anreiz da ist, an dieser Serie dranzubleiben.

Krimi und Politik – wie viel Wahrheit steckt in den Veilchen-Krimis?

Foto: Watzec Photografie

Ich glaube, dass die politische Seite meiner Krimis schon auch in diese starke Zeichnung der Situation mit hineinspielt. Das heißt, es sind sicher Situationen, die in dieser Summe und in dieser Fülle nicht unbedingt in der Realität vorkommen. Aber sie sollen schon so sein, dass man dieses Buch aufmacht und liest und sich dann denkt: „Ja, das habe ich mir schon einmal gedacht und das habe ich in der Zeitung gelesen und das in einem anderen Zusammenhang schon einmal mitbekommen.“ […] Ob es dann in dieser geballten Ladung im privaten Leben wirklich vorkommt, das muss man sich natürlich bei jedem Krimi fragen, da geht es dann auch um die Unterhaltung, da muss der Mensch einfach gepackt werden und mitfiebern können!

Wie kritisch soll ein unterhaltsamer Kriminalroman sein?

Das ist eine interessante Frage. Im Grunde glaube ich, ist es auch die Aufgabe von einem Kriminalroman oder von einem Krimi, wenn man so will von einem Tirol-Krimi, kritisch zu sein. Nicht mit erhobenen Zeigefinger, oder um dem Leser die Moral um die Ohren zu schlagen, sondern um anzusprechen, was für Themen die Leute beschäftigen und was im Land aktuell ist. Und ich denke, es gibt aktuell auch in Tirol viele Dinge, die man kritisch sehen kann. […] Auch wenn man als Leser im Ausland ist und nichts von Tirol weiß, sollte man doch ein Feeling dafür bekommen, was in Tirol passiert, wie sich die Leute dort fühlen, und was vielleicht die großen Verstrickungen sind zwischen Medien, Wirtschaft, Politik und so weiter. Ich möchte da niemandem zu nahe treten und das ist wirklich alles zufällig entstanden, und ich möchte wirklich niemanden persönlich angreifen in meinem Krimi, aber ich glaube, es ist wichtig, dass man auch kritische Töne mit hinein verpackt, um die Atmosphäre spüren zu können. Zwischen allem Humor soll es auch einmal irgendwo Ernsthaftigkeit geben.

Was macht Innsbruck und Tirol zur perfekten Krimi-Kulisse?

Ich glaube, dass Tirol und speziell Innsbruck sehr, sehr viel bietet, das einen spannenden Schauplatz ausmacht. Du hast die Urbanität auf der einen Seite, auf der anderen Seite kannst du wirklich sofort aufs Land hinaus, auf die Berge, die ja eigentlich selten jemand so vor der Haustür hat wie wir hier. Ich glaube, es ist ein irrsinnig spannender Schauplatz, weil du so viele verschiedene Facetten bringen kannst. Du kannst mal eher urban sein und sagen, es passiert viel in der Stadt und da geht es dann um Straßen und Lokalitäten und so weiter und du zeichnest ein Bild von Innsbruck, wie es ist. Auf der andren Seite kommst du auch voll in die Natur hinaus. […] In den wenigsten Regionen wird es der Fall sein, dass jeden Tag ein extremer Kriminalfall passiert. Gott sei Dank leben wir in einem sicheren Land. Innsbruck unterscheidet sich jedoch in keiner Weise von anderen Kriminalschauplätzen, was die Rechtfertigung betrifft, ob was passieren kann oder nicht. Überall kann was passieren und irgendwo muss etwas passieren und Innsbruck ist einfach ein wahnsinnig toller Schauplatz, der sich übrigens auch super für eine Verfilmung eignen würde.

Talent oder Fleiß? Kann man das Schreibhandwerk lernen?

Also ohne Fleiß kein Preis. Du kommst ohne Fleiß nirgendwo hin, ich war immer der Vertreter der Theorie, dass harte Arbeit einen schon irgendwohin bringen kann, egal ob man jetzt talentiert ist oder nicht. Das nötige Talent ist natürlich essentiell, um irgendwohin zu kommen, beziehungsweise auch Spaß daran zu haben. Ich glaube, wenn man nicht für etwas talentiert ist und man merkt, man eckt ständig damit an oder man bringt einfach nichts weiter, dann wird man es auch irgendwann lassen. Aber ich glaube, es ist beides wichtig, der Einsatz ist wichtig und das Talent und natürlich eine Portion Glück, die dann am Schluss das letzte Sahnetopping ausmacht.

 

 

Valerie „Veilchen“ Mauser ist schockiert: Ihr Kollege und Seelenverwandter Manfred Stolwerk schaut begeistert die „Bauerlorette“, eine Live-Kuppelshow, in der fünf Bauern um eine Frau und eine Million Euro Preisgeld kämpfen. Als zwei der Kandidaten kurz hintereinander unter mysteriösen Umständen ein tragisches Ende finden, wird Valerie wider Willen in das alpine Fernsehspektakel hineingezogen. Hinter den Kulissen von Glanz und Glamour der Live-Sendung entdeckt sie eine so oberflächliche wie morbide Welt. Nicht einmal zwei Todesfälle können die Produzenten von ihrem kruden Sendungskonzept abbringen: The Show must go on!

Ein Krimi wie ein Pulverfass – Gastbeitrag von Matthias Wittekindt & Rainer Wittkamp

Der neue Kriminalroman „Mord im Balkanexpress“ von Matthias Wittekindt und Rainer Wittkamp nimmt uns mit auf eine Reise durch die prachtvolle und spannungsgeladene Welt des Fin de Siècle zwischen Berlin, Wien und Belgrad. In ihrem Gastbeitrag geben die Autoren Einblicke in das Leben der ProtagonistInnen Prinz Albrecht von Schwarzburg-Rudolstadt und Christine Mayberger, die in einer explosiven Zeit leben …

Eine Reise in eine vergangene Zeit

Das Zeitalter der Dynamitarden

1895. Noch knapp zwanzig Jahre bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs.
Noch knapp fünfundzwanzig Jahre bis zur Entmachtung der großen Herrscherhäuser Europas.
Ist von diesen kommenden Umwälzungen schon etwas zu spüren? Gab es so etwas wie ein Vorbeben? Vielleicht sogar mehrere?
Auf den ersten Blick zeigt sich die Welt der Habsburger und Hohenzollern im Fin de Siècle noch recht erbaulich. Wien ist die Hauptstadt eines Weltreichs. Zu dem Zeitpunkt, an dem unsere Geschichte dort beginnt, feiert man gerade die Einsetzung des neuen Burgtheaterintendanten.

Auch die beiden Hauptfiguren dieses Abenteuers gehören einer Schicht an, die man heute als High Society bezeichnen würde. Albrecht Prinz von Schwarzburg-Rudolstadt genießt als Cousin des deutschen Kaisers etliche Privilegien. Zwar arbeitet er für den gerade erst installierten preußischen Geheimdienst, doch genauso wichtig sind für ihn seine diversen gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Albrechts Geliebte, Christine Mayberger, kann auf keinen derartigen Stammbaum verweisen. Ihr Vater, ein Gründerzeitfabrikant, musste vor einigen Jahren Bankrott anmelden. So war sie auf ihr Talent angewiesen, um nach oben zu kommen.
Inzwischen ist Christine Mayberger ein gefeierter Star, nicht nur am Wiener Burgtheater. Sie kommt herum, pendelt zwischen den Welten, hört mehr als andere.
Aber in Christine Mayberger schwelt ein Zorn. Ein Zorn, der sich für eine Dame der Belle Époque eigentlich nicht gehört. Oder vielleicht doch?

Keine betuliche Zeit

Das Fin de Siècle war keine betuliche Zeit. Nicht nur die Entwicklung von Technik, Waffen und Massenvernichtungsmitteln machte sprunghafte Fortschritte, auch das Verhältnis zwischen Männern und Frauen begann sich zu verändern. Schauspielerinnen galten nicht mehr, wie noch wenige Jahre zuvor, als bessere Prostituierte.
Auch die Moderne in Psychologie, Kunst, Literatur, Musik und Architektur, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit aller Macht durchsetzen wird, errichtet in diesen Jahren die ersten Grundpfeiler.
Das alles steht im krassen Widerspruch zur zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft und einem überzogenen Nationalismus in Europa.

Was Albrecht und Christine eint, ist ihr Gespür, dass im Habsburgerreich nicht alles so kommod läuft, wie es sich der Oberschicht aus Adeligen, Militärs und Bankiers darstellt. Auf dem Balkan rumort es, in Serbien entstehen separatistische Bestrebungen.
Eine Welle terroristischer Anschläge rollt Ende des 19. Jahrhunderts über Europa hinweg. Die Erfindung des Dynamits verschafft nämlich nicht nur den Tunnelbauern, sondern auch politischen Umstürzlern ungeahnte Möglichkeiten. Das Sprengmittel ist eine gefürchtete Waffe. Überall erheben sich die Dynamitarden gegen die Mächtigen.

Showdown im Zug

Es formieren sich Zellen von … Wie soll man sie nennen? Anarchisten? Freiheitskämpfer? Nationalistische Separatisten? Oder gar Terroristen? Diese Männer und Frauen setzen sich mit Leib und Seele für ihre Sache ein. Notfalls binden sie sich die Sprengstoffgürtel um den eigenen Leib. Tausende von Bombenattentaten werden verübt. Später wird man die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts als das Jahrzehnt der Dynamitarden bezeichnen.
Was diese Gruppierungen eint, ist der Mangel an Geld. Und so lassen sich manche auf einen Pakt mit dem Teufel ein. Das Geld kommt dann aus Kreisen, die alles andere im Sinn haben als eine Befreiung der Arbeiterklasse oder eine Welt ohne Herrschaft und Unterdrückung.

Unter Spannung

Die Weltmacht Österreich-Ungarn steht also unter großen sozialen und politischen Spannungen. Da spielt das noch nicht lange geeinte Deutsche Reich ebenso eine Rolle wie das zaristische Russland und das – noch – um Ausgleich bemühte Großbritannien. Auch die Türken verfolgen ihre Interessen auf dem Balkan, den sie zu ihrem Herrschaftsgebiet rechnen.

Was für ein Kontrast: Auf der einen Seite das Flair der Belle Époque, eine prickelnde Liaison zwischen Albrecht und Christine, Prunk und Glorie einer Monarchie … auf der anderen Seite die Schilderung der ärmlichen Verhältnisse, in denen die Anarchisten leben.
„Ein Pulverfass“, dieser Begriff wird später für den Zustand gewählt in dem sich Europa damals befand.
Diplomatische Virtuosen wie Bismarck haben das schlingernde Schiff längst verlassen, das Militär avanciert mehr und mehr zum politischen Ratgeber.
Dass sich ein Sturm ankündigt, wird verdrängt. Rauschende Bälle werden gefeiert, Militärs und Fabrikanten in den Adelsstand erhoben. Noch scheinen alle Großmächte abzuwarten.

Das ist das Tableau auf dem sich unsere Geschichte entwickelt. Christine Mayberger und Albrecht Prinz von Schwarzburg-Rudolstadt werden in Ereignisse hineingerissen, deren Tragweite sie Anfangs noch gar nicht überblicken. Die Entscheidung fällt schließlich in Belgrad.
1895 kommt es noch nicht zu der großen Katastrophe, die dann ganz Europa in einen Abgrund reißt. Das heute so gerne glorifizierte Fin de Siècle hat also noch ein paar ereignisvolle Jahre vor sich. Aber die Herrscherhäuser, Diplomaten und Führer der Großmächte agieren zunehmend mit einer Ungeschicklichkeit und Arroganz, die Historiker noch heute verblüfft.

Die Geschichte ist mit diesem Buch also noch längst nicht zu Ende erzählt.

Eine Welle terroristischer Anschläge rollt Ende des 19. Jahrhunderts über Europa hinweg. Die Erfindung des Dynamits verschafft nämlich nicht nur den Tunnelbauern, sondern auch politischen Umstürzlern ungeahnte Möglichkeiten. Das Sprengmittel ist eine gefürchtete Waffe. Überall erheben sich die Dynamitarden gegen die Mächtigen.

 

 

 

Kommt mit auf eine furiose Reise in die Zeit der Jahrhundertwende und lasst euch von Matthias Wittekindt & Rainer Wittkamp in ihrem neuen Kriminalroman „Mord im Balkanexpress” in eine spannende Epoche entführen – zwischen Glanz und Elend, Monarchen und Anarchisten, Militärs und Geheimbünden!

Der europäische Traum … Eine Illusion? Ein Interview mit Autor Andrej Kurkow

In der letzten Nacht vor der Aufnahme Litauens in den Schengenraum beschließen drei Paare den Aufbruch in ein neues Leben: Ein Paar zieht es nach London, eines geht nach Paris, das dritte bleibt im Baltikum und versucht dort sein Glück mit einer originellen Geschäftsidee. Ob glänzende Metropole oder osteuropäische Provinz – die jungen Menschen möchten den europäischen Traum von einer besseren Zukunft zum Leben erwecken. Vom Leben in Europa erwarten sie sich mehr als Reisefreiheit und Telefonieren ohne Roaming-Gebühren.

Aber kann Europa sein großes Versprechen von Freiheit und Miteinander tatsächlich einlösen? Und was ist dieser „europäische Traum“ eigentlich? Über diese und weitere Fragen sprechen wir mit Andrej Kurkow im Interview:

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Bitte erzählen Sie uns, worum es in Ihrem neuen Roman „Kartografie der Freiheit“ geht. In ein paar Sätzen:

In ein paar Sätzen ist es ganz schwierig über einen solchen großen Roman zu reden. Aber es geht um Europa und die Frage ist: Wie viel Europas gibt es in Europa? Ist jedes Land sein eigenes Europa oder nicht? Die Geschichten in dem Roman finden in Litauen, Frankreich und Großbritannien statt. Ist das ein Europa oder gibt es ein französisches Europa, englisches Europa und litauisches Europa? Und warum möchten die Leute aus dem einen Europa in ein anderes Europa reisen oder fliehen?

Warum verlassen die jungen Leute in Ihrem Roman ihr Heimatland Litauen?

Ja, die jungen Leute träumen gerne und zu träumen bedeutet eigentlich auch über eine andere Zukunft nachzudenken, als einen Zuhause erwartet. Man sucht irgendwo anders sein Glück. Und das ist ein großes Problem von Litauen, wo 30 % der Leute schon emigriert oder weggelaufen sind auf der Suche nach dem anderen Glück.

Glauben Sie, dass Osteuropäer und Westeuropäer denselben europäischen Traum träumen?

Ja, ich glaube, das Wort „Europa“ hat ganz viele Bedeutungen, zum Beispiel bedeutet in der Ukraine das Wort „Europa“ nicht „Europäische Union“ sondern „das zivilisierte Leben mit Regeln und ohne Korruption“. Für Osteuropäer aus baltischen Staaten ist Europa etwas Großes, wo es genug Raum für jeden Menschen gibt, weil ihre Länder klein sind. Wenn diese Leute ihre Länder verlassen, sind die Länder groß geworden, aber ohne Volk.

Sie haben 2012 begonnen diesen Roman zu schreiben, noch vor dem Kiewer Majdan?, noch vor dem Krieg in der Ostukraine. Haben die Proteste in Kiew und der Krieg in der Ukraine Ihren Roman verändert?

Ich wollte diesen Roman anders schreiben als meine vorigen Romane. Ich wollte in diesem Roman ernster sein. Eigentlich glaube ich, dass ich während der Ereignisse von Majdan und am Anfang des Krieges meinen Humor ein bisschen verloren hatte und selber ein bisschen ernster geworden war. Und dieser Roman ist ernster und vielleicht mit weniger Humor, aber mit viel mehr Philosophie und Geopolitik entstanden. Und auch gibt es – so kann man sagen – die Frage des Krieges in diesem Roman. Es geht um den 1. Weltkrieg und welche Rolle dieser Krieg für Europa heute spielt. Ist der 1. Weltkrieg zu Ende oder nicht?

Wie haben sich das Schreiben und die künstlerische Arbeit in der Ukraine seit dem Majdan verändert? Für Sie persönlich und für Ihre Schriftstellerkollegen in der Ukraine.

Ich glaube, viele von meinen Kollegen schreiben jetzt mehr Non-fiction, mehr Kommentare und Essays als Romane und die Literatur in der Ukraine ist seit 2013 stärker politisch engagiert. Ich bin jetzt auch Teil dieser Literatur und habe ebenfalls schon ein paar Bücher geschrieben, die sich von meinen früheren unterscheiden.

In Ihren Romanen begegnet man immer wieder Figuren, die ganze Länder und Kontinente durchwandern. Was macht für Sie diesen Reiz von Figuren aus, die immerzu auf Reisen sind, die eine Mission haben?

Reisen ist ein Beweis dafür, dass der Reisende lebendig ist, etwas sucht und lernen will. Meine Helden in diesem Roman reisen gerne und sie lernen ohne zu verstehen, dass sie das Leben lernen während ihrer Reise, nicht nur Länder und verschiedene Völker, sondern das Leben selbst.

Du interessierst dich besonders für Literatur aus der Ukraine?
Dann bist du bei uns an der richtigen Adresse! Neben Andrej Kurkow haben wir in Zusammenarbeit mit unseren Übersetzer*innen auch andere wundervolle ukrainische Stimmen ins Deutsche gezaubert: Natalka Sniadanko, Serhij Zhadan, Maria Matios, Oleksij Tschupa, Kateryna Babkina, Jurij Wynnytschuk und Oleksandr Irwanez erzählen in ihren Büchern von der Buntheit eines Landes, seiner Bewohner*innen von heute und damals, von seiner Geschichte und dem Hauch Zukunft und Widerstandsgeist, der die literarischen Werke immer umweht. Viel Spaß beim Entdecken!

 

 

Aus einem zutiefst menschlichen Blickwinkel zeichnet Andrej Kurkow die Schicksale dreier Paare – ihre Hoffnungen und Enttäuschungen, ihr Festhalten am großen gemeinschaftlichen Freiheitsversprechen. Welche Rolle spielt die europäische Idee für die Identität der Menschen und Nationen? Waren wir uns unter dem Eindruck zweier Weltkriege näher, als heute unter dem gemeinsamen Dach der Europäischen Union? Sind wir wirklich ein Europa? Ein mutiger und aufrüttelnder Roman.

„Bevor wir verschwinden“ in fünf Songs

In seinem Debütroman „Bevor wir verschwinden“ erzählt der Autor, Onkologe und Palliativmediziner David Fuchs von einem Wiedersehen im Angesicht des Abschieds: Der angehende Arzt Ben trifft völlig unerwartet seine Jugendliebe Ambros wieder, der jedoch auf der Krebsstation als Patient behandelt wird. Erinnerungen werden wach, gemeinsame Vorlieben, gemeinsame Autofahrten, gemeinsame Abenteuer brechen sich Bahn und die Hymnen ihrer Jugend spülen längst vergangene Erlebnisse ins Gedächtnis. Nicht nur im Roman, sondern auch im Leben von David Fuchs spielt Musik eine wichtige Rolle: Welcher Song den Autor schon seit dem Studium begleitet und welcher am Anfang der Beziehung von Ben und Ambros steht, erfahrt ihr hier – zusammengestellt von David Fuchs:

The Shins – Caring is Creepy

Die Shins habe ich, wie wahrscheinlich die meisten, mit dem Soundtrack von „Garden State“ entdeckt. Der Song kommt nicht im Roman vor, allerdings war die Band für mich in der Zeit als Student, in der ich etwa so alt war wie Ben im Roman, für mich sehr wichtig und jetzt wertvoll, um mich in dieses Studentengefühl zurückzuversetzen. „Caring is creepy“ ist einer meiner Lieblingssongs von den Shins und hier in einer schönen Solovariante vom Sänger James Mercer zu hören.

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Nirvana – The Man Who Sold The World (unplugged)

Zu diesem Song muss man nicht mehr viel sagen. Das Album haben natürlich in den Neunzigern alle rauf und runter gehört und es hat sich gut gehalten. Das Lied spielt auch im Roman an einer zentralen Stelle gegen Ende eine Rolle, hat mich aber die ganze Entstehung über begleitet, sowohl in der Nirvana-Version als auch im Original von David Bowie.

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Bush – Machinehead

Ein unheimlich schneller, aggressiver Song, einer meiner liebsten, seit ich ihn vor mehr als zwanzig Jahren zum ersten Mal gehört habe. Da war gerade das zweite Album „Razorblade Suitcase“ in den Charts und ich habe Bush entdeckt. Für mich war die Band so essentiell für die Neunziger, dass ich sie im Roman mehrfach eingebaut habe, und „Machinehead“ an zentraler Stelle, am Beginn von Ben und Ambros’ Beziehung.

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The Antlers – Two

Ein Arzt steht mit einem Mann am Krankenhausgang und erklärt ihm, dass seine Freundin sehr bald sterben wird. Mit diesem Moment beginnt „Two“ vom Album „Hospice“ der Antlers, bevor das Lied dann das ganze Spektrum der Emotionen auffächert, die danach kommen. Solche Momente kenne ich (wenn auch nicht vom Krankenhausgang) sehr gut, und „Two“ ist eine wunderschöne Interpretation, ein großartiger Song – einer der authentisch-emotionalsten, den ich kenne.

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The Fratellis – I’ve been blind

Der neueste Song in dieser Liste, und einfach mein Lieblingslied bei den letzten Überarbeitungen am Roman und beim Schreiben der ersten Texte für die nächsten Projekte.

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Wie sich die erste Begegnung zwischen Ben und Ambros zu „Machinehead” von Bush abgespielt hat, erfahrt ihr in „Bevor wir verschwinden” des FM4-Wortlaut-Gewinners David Fuchs. Der Roman ist eine Hommage an den Augenblick: berührend und lebensnah, mitunter auch zum Schmunzeln.

„Beeindruckend und auch sehr berührend – ein Kondensat von ein paar wirklich sehr starken kleinen Anekdoten und Bildern, die zu einer ganz großen Lebens- und Liebesgeschichte werden.“
Jurybegründung zum FM4-Wortlaut 2016

Laudatio für Ehrenglauser-Preisträgerin Edith Kneifl

Bei der diesjährigen Criminale wurde Edith Kneifl für ihr Engagement für die deutschsprachige Kriminalliteratur und ihr literarisches Schaffen mit dem Ehrenglauser gewürdigt. Bei der Preisverleihung am 5. Mai hielt Autorin Tatjana Kruse die Laudatio, in der sie unter anderem erzählt, wie Edith Kneifl von einer angehenden Sportjournalistin zu einer Autorin wurde, die trotz ihres Erfolges auf dem Boden geblieben ist und die Literaturwelt immer wieder aufs Neue bereichert. Und die möchten wir euch nicht vorenthalten!

Tatjana Kruse bei ihrer Laudatio zu Ehren
von Edith Kneifl.

No hype, just love and true dedication – Laudatio für Edith Kneifl – von Tatjana Kruse

Der diesjährige Ehrenglauser geht an Dr. Edith Kneifl. Ja, Doktor – soviel Zeit muss sein. Das wissen viele gar nicht. Weil man sich als Krimiautor ja immer nur selbst googelt und dann kommt lange nichts. Aber wenn man sie googeln täte, da würden einem die Augen übergehen. Weil nämlich der Teil ihres Lebens, der nicht in irgendeiner Weise jugendgefährdend ist, jede Menge Stoff für Hollywood-Filme bieten würde. Nein, ich übertreibe nicht.

Was war – und ist! – das für ein pralles Leben. „Um schreiben zu können, muss man erstmal leben“, sagte Ernest Hemingway. Edith Kneifl praktiziert das vor.

Sie wuchs in Oberösterreich auf und studierte ein Semester Publizistik, um Sportjournalistin zu werden, nahm aber „von diesem Berufswunsch Abstand, als sie merkte, dass sie mit dem schon damals lausigen Journalisten-Honorar nicht einmal ihren Zigarettenkonsum finanzieren konnte“ (O-Ton).

Ich habe extra nicht erwähnt, wie alt Edith ist, aber wir deduktiv geschulten Fachleute ahnen, dass das schon eine ganze Ecke her sein muss, wenn es damals noch kein Widerspruch war, zu rauchen und im österreichischen Tischtennis-Nationalteam (!) zu spielen.

Sie ging an die Uni Wien, wo sie in Psychologie und Ethnologie promovierte, und machte später eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin. Noch mehr Wien geht kaum.

Eine Zeit lang arbeitete sie damals in der „interministeriellen Arbeitsgruppe zur Behandlung frauenspezifischer Angelegenheiten“, was für uns Heutige ein bisschen gynäkologisch und nach PMS-Attacken klingt, aber ein politisches Engagement war.

Edith hat sich nämlich immer auch politisch engagiert, hat klar Stellung bezogen, damals für „Künstler für den Frieden“ und heute, wie ihre Freundin und Kollegin Doris Gercke hervorhebt, gegen Rechts.

Brava!

Edith Kneifl (li) und Tatjana Kruse (re)
nach der Preisverleihung.

Was wissen wir über Edith als Mensch? Sie ist immer schon gern gereist. Sehr oft nach Griechenland, was man an ihrer großzügigen Gastfreundschaft merkt. Die Reiselust hat sie auch in die USA geführt (in „Blutiger Sand“ rechnet sie mit dem American Way of Life ab), und wer sie kennt, sagt Doris Gercke, weiß um ihre Sehnsucht nach dem Meer und ihre Liebe zu Triest: Man muss nur ihren melancholisch-schönen „Triestiner Morgen“ lesen, um zu spüren, wie groß diese Liebe ist. Und apropos Meer: Edith ist einmal mit KGB-Agenten im Pazifischen Ozean geschwommen – da hat man doch sofort das Bild von ihr als Ursula Andress vor Augen, wie sie aus den Fluten steigt, neben ihr Sean Connery, nur eben nicht als James Bond, sondern als Igor, der Schlächter von Wladiwostock –, aber das ist eine andere spannende Geschichte …

Und da sind wir auch schon bei Ediths schriftstellerischem Schaffen. Sie hat als junge Frau alles von Dashiell Hammett und Raymond Chandler gelesen, fing relativ früh mit dem Schreiben an und hat die Meister des Noir feministisch parodiert.

Wenn’s stimmt, wollte anfangs sogar der Frauenmörder Jack Unterweger einen Kurzkrimi von ihr verlegen. Das hat nicht geklappt – wer weiß, ob wir heute und hier sonst in dieser Konstellation so beisammen sitzen würden.

Göttinseidank trat schon bald der Haymon Verlag aus Innsbruck an sie heran, und Kollege Alfred Komarek, der Edith einen präzisen Intellekt attestiert, verbunden mit einer zutiefst Wienerischen Weltsicht, was er beides sehr an ihr schätzt, riet ihr, das Angebot anzunehmen. Haymon ist sie bis heute treu geblieben. In einer Zeit, in der Autoren mit ihren Serien des Öfteren Verlags-Hopping betreiben, ist ihre Loyalität ein seltenes Gut. Was auch Verleger Markus Hatzer zu schätzen weiß, der besonders ihre Empathie für die Menschen und ihre Probleme in der Gesellschaft hervorhebt. Oder wie Janwillem van de Wetering es formulierte: „Gute Kriminalschriftsteller sind die Psychoanalytiker der menschlichen Schattenseiten“. Und genau das ist Edith, eine exzellente Detektivin der Seele. Ihre Figuren – Katharina Kafka, Gustav von Karoly, Joe Bellini, Lisa Maurer – sind echt, bis hin zu den Nebenfiguren. Und ihre Schreibe ist einzigartig – da gibt es dann auch schonmal achtzehn Seiten Monolog. „Abseits gängiger Erwartungen“ hat das Börsenblatt die Entscheidung der Jury tituliert, den Ehrenglauser an Edith zu verleihen, und meinte damit, dass sie eine Autorin ist, die ihren Weg jenseits der Erwartungen des Mainstream geht. Eine Autorin, die es nicht mag, schubladisiert zu werden – Frauenkrimis, Wienkrimis, Thriller – und die keine endlosen Serien mag: nach drei bis fünf Büchern langweilt sie sich mit ihrer Personage und bricht zu neuen Ufern auf.

Edith Kneifl hört gerührt bei der
Laudatio zu.

Sich so bewusst abseits gängiger Vorstellungen, wie das Genre zu sein habe, zu bewegen, ist auch ein Zeichen von Mut und Charakterstärke.

Es gibt in unserer Branche ja die gehypten Stars, die in aller Munde sind und medienwirksam auf der Welle ihres Erfolgs surfen, mehr oder weniger lange, aber daneben gibt es eben auch die stillen Stars, die immer da sind, immer auch draußen in den Wellen, nur halt nicht so mittendrin in der medialen Wahrnehmung. Und da übersieht man leicht, was diese stillen Stars Unglaubliches geleistet haben. Edith beispielsweise ist gelungen, was in der über 30-jährigen Geschichte des Syndikats noch niemand gelang: Sie hat für „Zwischen zwei Nächten“ 1992 den Glauser für den besten deutschsprachigen Roman bekommen – „höchst verdient“, wie Felix Huby attestierte – und erhält jetzt den Ehrenglauser, nicht (oder nicht nur) für ihr Lebenswerk, das ist noch lange nicht beendet, sondern vor allem in Würdigung ihres Einsatzes für den deutschsprachigen Kriminalroman. Und das geht weit darüber hinaus, einfach nur exzellente Kriminalromane zu schreiben und es auszusitzen, bis man quasi altershalber den Ehrenglauser überreicht bekommt, wie es beim Literaturnobelpreis der Fall ist.

Kollege Jürgen ‚Ali‘ Alberts hat hervorgehoben, dass Edith die Türöffnerin aller österreichischen Kolleginnen und Kollegen war, die mittlerweile stark im Syndikat vertreten sind und die Criminale schon zweimal nach Österreich geholt haben, nach Wien und Graz. Edith hat u. a. tatkräftig mitgeholfen, Krimi-Events zu etablieren, hat Anthologien herausgegeben, in denen sie Kolleginnen und Kollegen eine Plattform zur Veröffentlichung bot, hat sich immer „mit lauter Stimme“, wie die Jury sagt, dafür eingesetzt, dass der Kriminalroman – der im Lande der Dichter und Denker jahrzehntelang nur heimlich gelesen wurde und der bis heute nicht wirklich als E-, sondern nur als U-Literatur gilt und es gerade mal so eben allmählich ins Feuilleton schafft –, dass also dieser Kriminalroman die ihm gebührende Aufmerksamkeit und Anerkennung in der Öffentlichkeit bekommt. Und ihr jahrzehntelanges Engagement trägt nun Früchte.

Wir Altgedienten des Syndikats hätten ihn ja alle gern, den Ehrenglauser. Und ich glaube, als Jürgen Kehrer aus Münster (der zusammen mit Sabina Naber aus Österreich und Sunil Mann aus der Schweiz die Jury bildete) mit seiner sexy Stimme bei Edith anrief und ihr sagte, dass sie die diesjährige Ehrenglauserpreisträgerin ist, ging auch für sie ein Wunschtraum in Erfüllung. Da werden aber keine Wunder wahr, das passiert nicht einfach mit ein bisschen Glück und Feenstaub, da bekommt eine Krimischaffende, die sich konsequent über Jahre und Jahrzehnte hinweg für Kolleginnen und Kollegen und für den Kriminalroman als solchen eingesetzt hat, – ohne Hype, nur mit Liebe und Hingabe, das was sie verdient: Liebe Edith, das ist dein Ehrenglauser!

Edith Kneifl: Der Tod ist ein Wiener

 

 

Ein Krimi voller morbidem Wien-Charme von Glauser-Preisträgerin Edith Kneifl
Magdalenas, Elviras und Sofias Ermittlungen zwischen Otto-Wagner-Kirche, Wienerwald und Wilhelminenberg bringen die dunkle Seite der österreichischen Hauptstadt zum Vorschein. Inmitten der lieblichen Hügel des Wienerwaldes haben sich in der Vergangenheit grausige Szenen abgespielt. Und bald steht auch noch eine der Wiener Ermittlerinnen selbst unter Mordverdacht. Düstere Spannung und Frauenpower im neuen Wien-Krimi von Edith Kneifl!

Tatjana Kruse: Stick oder stirb

 

 

She did it again: Tatjana Kruse, die Königin der Krimödie, hat wieder zugeschlagen
„Kruse schießt die Pointen völlig ungeniert gleich salvenweise aus der Hüfte, und sie bricht lustvoll mit wirklich allen gängigen Klischees ihres Genres.“ So schön formuliert es Krimi-Kollege Ralf Kramp für den FOCUS – und trifft damit ins Schwarze. Die Königin der Krimödie kombiniert meisterinnenhaft rasante Krimihandlung mit Wortwitz und den schrulligsten Figuren der deutschsprachigen Krimilandschaft.